Clemens Meyer: Im Stein

Besprechung

Prostituierte, Zuhälter, Polizisten, Kriminelle, sie alle und noch viele weitere Personen kommen in diesem Romane (er spielt in einem überdimensionierten, mythisch wirkenden Leipzig) zu Wort. Ihr vielstimmiger Chor zeigt die Öde und Traurigkeit im Leben der Frauen, besonders schlimm sind die Szenen, in denen es um Kinder- und Zwangsprostitution geht. Es gibt auch eine Krimihandlung, aber der Plot der Geschichte ist eher untergeordnet. Der Autor stellt die große Veränderung dar, die nach 1989 auch die Sexarbeit unter die Forderungen der Ökonomie, der Effektivität und des Wachstums gestellt hat. Das Internet und die „Billigarbeiterinnen“ aus dem Osten trugen ebenfalls zum Wandel bei. Die Gesetze der Marktwirtschaft funktionieren gerade hier gnadenlos, und so studiert einer der Protagonisten, Arnie Kraushaar, der nicht Zuhälter genannt werden möchte, jetzt eben Betriebswirtschaft, und er ist noch nicht einmal unsympathisch. Die Vieldeutigkeit des Titels (Stein als Großstadt, Grabstein, Gefängnis), die überbordende, teils nicht überschaubare Handlung, der verstörende Gegenstand als solcher, die Mischung von Realem und Surrealem, das fragmentarische Erzählen etc. lassen den Romane zu einer Herausforderung für den Leser werden: Man ist verunsichert, befremdet, aber auch fasziniert. Das Buch wurde mehrfach ausgezeichnet, es stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2013 und erhielt den Bremer Literaturpreis 2014.