Javier Marías: Berta Isla
Besprechung
Berta Isla verliert ihren Mann an den Geheimdienst
Berta Isla ist die Hauptfigur des Romans, obwohl sie ein triviales Leben führt: Sie lernt als Schülerin Ende der sechziger Jahre die große Liebe kennen, Tomàs, halb Spanier, halb Engländer, heiratet ihn, als er sein Studium in Oxford und sie ihres in Madrid beendet hat, bekommt zwei Kinder und arbeitet als Dozentin. Von Anfang an ist Berta allerdings klar, dass sie „mit einem Unbekannten lebte“. Andererseits ist er ihr sehr vertraut, „so selbstverständlich wie die Luft. Und die Luft prüft man niemals kritisch.“ So liest auch der Leser es schon am Anfang und damit ist die Handlung abgesteckt. Tomás Nevinson hat eine besondere Fähigkeit: Er beherrscht nicht nur das Englische und Spanische jeweils wie eine Muttersprache, er kann auch andere Sprachen bis in feinste Dialektfärbungen hinein perfekt nachahmen. Während ihrer Studienzeit sehen sie sich in den Semesterferien, dass sie jeweils eine andere Beziehung haben, verschweigen sie einander, da es ihnen bedeutungslos erscheint. Als in Oxford die Professoren, Wheeler und Tupra, bekannte Figuren aus „Dein Gesicht morgen“ des Autors, versuchen, Tomás für den Geheimdienst MI6 anzuwerben, lehnt er es zunächst ab. Eine tückische Finte, in der seine englische Geliebte verwickelt ist, macht ihn aber erpressbar und lässt ihn eine lange Gefängnisstrafe fürchten, so gibt er nach. Davon weiß Berta nichts und beide führen ein weitgehend normales Leben. Nur die häufigen Reisen Toms, vorgeblich nach England, sind merkwürdig, aber auch wieder erklärbar. Wesensveränderungen sind spürbar, aber werden wegrationalisiert. Erst das Auftauchen eines netten Ehepaares, das Berta schließlich mit einer dubiosen Bedrohung konfrontiert, führt sie dazu, ihrem gerade wieder einmal abwesenden Mann nachzuforschen. Eine Tätigkeit, die weit über die Arbeit in der britischen Botschaft hinausgeht, zeichnet sich ab. Es kommen allerhand mögliche politische Zusammenhänge ins Spiel wie der Irlandkonflikt und der Falklandkrieg. Und Tomás ist verschwunden. Es vergehen mehr als 10 Jahre, in denen Berta ihr Leben weiter lebt, keine ernsthafte neue Beziehung eingeht und lediglich mit ihrem Schwiegervater, der seinerseits halbwegs eingeweiht ist, über Tom spricht. Nur manchmal fließen ihr plötzlich Tränen über das Gesicht, ohne dass sie dem Herr werden kann. Als Tomás eines Tages wieder auftaucht, von Ferne seine Familie beobachtet und schließlich Kontakt aufnimmt, erlaubt sie ihm das nur in sehr vorsichtiger und distanzierter Form, den Kindern darf er sich nicht zu erkennen geben, er hat eine eigene Wohnung. Aber er ist wieder in Bertas Leben.
Didaktische Hinweise
Zu untersuchen ist die Erzählperspektive, die mehrmals wechselt. Die Figurenzeichnung spielt mit den Rollen und Maskierungen, die Leben und Beruf den Menschen aufzwingen. Eine zentrale Stelle gibt eine Diskussion zwischen Tom und Berta wieder, in der sie anhand einer Szene aus einem Shakespeare-Drama versucht, ihn der Täuschung zu überführen. Die Bedeutung dieser Szene und des Stücks „Heinrich IV.“ können Thema sein. Für Referate eignet sich der dreiteilige Roman „Dein Gesicht morgen“, etwa anhand der Rolle des Geheimdienstes und der Verstellung der Menschen, als Taktik und als „déformation professionnelle“.
Gattung
- Romane
Eignung
als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 9 bis 13Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
- Geschichte
- Spanisch
FÜZ
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2019ISBN
9783103973969Umfang
654 SeitenMedien
- Buch