Georg Büchner: Woyzeck
Besprechung
Das Dramen-Fragment wirft auch heute noch editorische Probleme auf, da weder eine chronologische Anordnung der Szenen nach Abfassungszeit noch die Aufnahme der vom Autor gestrichenen Passagen noch auch die verschiedenen Lese- und Spielfassungen eine wirklich überzeugende Endfassung ergeben - eine Tatsache, die bei einem Fragment, das auf vier skizzenhaften Handschriften basiert, auch nicht verwundern kann. Für Bühnenaufführungen ist die Vielfältigkeit der Strukturierungsmöglichkeit ein großer Vorteil. Als Vorbild für Büchners Drama diente der historische Fall des 41-jährigen Perückenmachers und Gelegenheitsarbeiters Woyzeck, der am 21. Juni 1821 die 46-jährige Baderswitwe Woost aus Eifersucht erstach. Drei Jahre später wurde Woyzeck in Leipzig hingerichtet. Der Fall löste eine wissenschaftliche Diskussion aus, inwieweit der Täter zurechnungsfähig und für seine Tat verantwortlich sei. Büchner benutzte zwei gerichtsmedizinische Gutachten des Königlich Sächsischen Hofrates Dr. Clarus. Im sozialen Drama Büchners ist Woyzeck eine labile Persönlichkeit aus der Unterschicht, die sowohl von innen wie von außen gefährdet ist. Er sieht sich in Wahnzuständen geheimnisvollen Kräften unterworfen, die er weder zu durchschauen noch wirklich zu identifizieren vermag, wobei ihn der Glaube an sie aber antreibt und ihn in seinem Handeln beeinflusst. Von der Umwelt wird er ausgenützt und missbraucht. Der typenhaft und grotesk gezeichnete Doktor verwendet ihn zu seinen inhumanen Versuchen, der Hauptmann, eine Figur wie aus einer Ständesatire, missachtet ihn wegen seiner Herkunft und lässt keine Gelegenheit aus, ihn zu verspotten. Seine Geliebte Marie, die Mutter seines Kindes, geht ein Verhältnis mit dem ihm überlegenen Tambourmajor ein. Die Umkehrung des Märchens „Die Sterntaler“, erzählt von der Großmutter, verdeutlicht die Entfremdung Woyzecks. Nach einem verlorenen Ringkampf gegen den Tambourmajor ermordet Woyzeck Marie. Woyzecks Determiniertheit kann als Metapher für die Unausweichlichkeit des menschlichen Schicksals gesehen werden. Eine rein sozialkritische Interpretation wird damit der Komplexität des Stückes nicht gerecht. Verständlich aber scheint es, wenn verschiedene philosophisch-literarische Strömungen wie Naturalismus, Expressionismus, absurdes Theater und Existenzphilosophie in Büchner einen Vorläufer sehen.
Didaktische Hinweise
Kennzeichen des sozialeDramas, Kennzeichen verschiedener Stileinflüsse: Sturm und Drang, Junges Deutschland; Besonderheiten der Dramenturgie Büchners-; Sprache: Kennzeichen von Büchners Kunstsprache, Einfluss des Dialekts; Zusammenhang von Mimik und Gestik; erweiterte Inhaltsangabe, Texterschließung, literarische Erörterung; Projekt: Hörspielfassung einzelner Szenen
Gattung
- Dramen
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 12 bis 13Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
- Geschichte
- Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)
Erscheinungsjahr
1986 (1878; 1913)ISBN
9783150077338Umfang
77 SeitenMedien
- Buch
- E-Book