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Dörte Hansen: Mittagsstunde

Besprechung

Nach „Altes Land“ steht in Dörte Hansens neuem Buch wieder das Regionale im Mittelpunkt: Brinkebüll ist ein (zwar fiktives , aber sehr realistisch gezeichnetes) Geestdorf in Nordfriesland. Wir lernen nicht nur die Einwohner kennen, z. B. das Gastwirtspaar Sönke und Ella Feddersen oder den Lehrer Steensen, sondern erfahren auch, wie sich das Dorf im Lauf der Jahrzehnte verändert hat: Nachkriegszeit, Flurbereinigung, Hofsterben, Fällen der Alleebäume an der Dorfchaussee, Bau einer neuen Dorfstraße, auf der man nun endlich Fahrrad und Roller fahren könnte, wenn die durchdonnernden Laster nicht so gefährlich wären, Ende des Dorfladens, Ende der Dorfschule, Abwandern der Jungen in die Stadt etc. Verknüpft mit diesen historischen Veränderungen sind die Schicksale der Dorfbewohner. Einer von ihnen, Ingwer Feddersen, Enkel der Dorfkrugsbesitzer, hat das Erbe zunächst ausgeschlagen: Zuerst kam die „hohe Schul“, dann ging er zu den „Studierern“ und ist nun in Kiel Professor für Vor- und Frühgeschichte. Ein Sabbatjahr soll dem Fastfünfziger helfen, seine prekäre private Situation als ewiger Wohngemeinschaftsbewohner zu klären; aber vor allem will er sich um seine uralten Großeltern kümmern, denn nach wie vor fühlt er sich, als ob er an ihnen und an Brinkebüll noch etwas gutzumachen hätte.

Didaktische Hinweise

Gut lesbar, aber trotzdem differenziert: Psychologisch interessant motivierte Verbindungslinien, gleichzeitig werden soziologisch-historische Aspekte unaufdringlich und erhellend ausgezeigt, man merkt der Autorin an, dass sie als Redakteurin gearbeitet hat.

In der Schule einsetzbar in mehrfacher Hinsicht:

Man könnte das Buch als Ausgangspunkt dafür nehmen, dass sich Schülerinnen und Schüler in ähnlicher Weise für die Veränderungen in ihren Heimatgemeinden interessieren und darüber schreiben (vgl. Portfolio, Projekt etc.).

Auszugsweise eignen sich einige Textstellen sehr gut für eine literarische Analyse:

S. 227 ff.: Lehrer Steensens Überzeugungen und seine Ablehnung moderner Pädagogik

(auch im Vergleich z. B. mit einem Textauszug aus Ralf Rothmann „Junges Licht“ S. 15 ff., in welchem eine ähnliche Lehrerpersönlichkeit auftritt oder mit einem Textauszug aus Wolfgang Herrndorf „Arbeit und Struktur“ S. 165 ff., in dem es um einen modernen Pädagogen geht)

S. 237 ff.: Lesen und Bildung als Rettung vor Einsamkeit und Frustration am Beispiel der hochbegabten Gönke Boysen aus Brinkebüll

S. 204 ff.: Sachlich-nostalgisch-emotionale Schilderung der gefällten Rosskastanien an der Dorfchaussee und des Baus der neuen Straße

Alle hier rezensierten Werke von Dörte Hansen

Gattung

  • Romane

Zielgruppe

(Junge) Erwachsene

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783328600039

Umfang

320 Seiten

Medien

  • Buch