Alina Bronsky: Das Spiegelkind
Besprechung
Im Zentrum des Fantasy-(Kinder-) -Thrillers (Horror, Gruselliteratur) steht die 15-jährige Juli, deren Eltern sich getrennt haben und sich nun abwechselnd um die Kinder kümmern. Juli besucht eine angesehene Privatschule und hat ihren Platz in der elitären wie sterilen Welt der Normalen, der Angepassten, die um keinen Preis auffallen wollen und sich dementsprechend den geltenden Regeln bedingungslos beugen. Ihre vermeintlich heile Welt beginnt zu bröckeln, als ihre Mutter eines Tages plötzlich verschwindet und weder der Vater Rudolf davon besonders betroffen scheint, noch die Polizei daran interessiert ist, die Ermittlungen aufzunehmen. Juli registriert entsprechend fassungslos: "Ich wollte, dass sie sich sofort an die Arbeit machten und meine Mutter fanden. Menschen konnten nicht einfach verschwinden, nicht am helllichten Tag aus dem eigenen Haus. Nicht in unserer Zeit – der Zeit der totalen Normalität." Ihr Entschluss, ihre Mutter auf eigene Faust zu suchen und dem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen, bedeutet zugleich einen Bruch mit dem bisher nicht in Frage gestellten Umfeld. Das beginnt schon damit, dass sie die aparte Ksü kennenlernt, ihre neue Freundin, die so gar nicht in die Gemeinschaft der Privatschule passt und ein Freak zu sein scheint. Mit ihr macht sich Juli schließlich gemeinsam auf die Suche nach ihrer verschwundenen Mutter. Dabei erfährt sie, dass auch ihre Mutter nicht in die Welt der Normalos passt, da sie eine Phee ist, nicht zu verwechseln mit einer Fee aus dem Märchen. Denn Pheen sind in dieser Welt verhasst und müssen als Feindbilder herhalten: "Eine Phee. Eines der schlimmsten Schimpfwörter in der Gesellschaft der totalen Normalität. Etwas, womit man seine Kinder erschrecken konnte: „Räum sofort dein Zimmer auf und löffel die Zucchinisuppe aus. Sonst kommt heute Nacht eine Phee und holt dich." Was Pheen eigentlich sind, bleibt dabei unklar, nur eines steht fest: Pheen sind sehr begabt, verfügen über übernatürliche Kräfte und sind unsterblich. So auch Julis Mutter, die zugleich eine berühmte Malerin ist und über die Gabe verfügt, ihre Tochter in ihre Bilder hineinschlüpfen zu lassen. Von ihr erfährt sie am Ende auch, dass Rudolf nicht ihr Vater ist. Das Rätsel wird aber in diesem Band, der offenbar den Auftakt einer Trilogie darstellt, nicht aufgelöst; im Gegenteil, das Interesse der Leser wird wachgehalten, indem die Mutter im letzten Satz des Buches im gleichen Atemzug erklärt: „Es fängt alles erst an.“
Didaktische Hinweise
Mit ihrem Debüt „Scherbenpark“ ist es der nur 34-jährigen Alina Bronsky bereits 2008 gelungen, auf sich aufmerksam zu machen und für verschiedene Preise nominiert zu werden. Mit dem „Spiegelkind“ hat sie die Erfolgsserie fortgesetzt. Das Motiv, dass Protagonisten durch Bilder gehen können und so in eine andere Welt gelangen, ist gewiss nicht neu. Reizvoll aber ist dabei das Spiel mit den Perspektiven: Kaum eine Einschätzung Julis, an der der Leser zunächst gutgläubig festhält, bleibt auf Dauer erhalten, obgleich es zunächst keinerlei Anzeichen gibt, dass diese erschüttert werden könnten. So erscheint Julis Vater, der von Anfang an schwer zu fassen ist, beispielsweise im Laufe des Romanes in einem völlig anderen Licht. Vieles bleibt – wie im Fantasy-Metier üblich - im Vagen und dadurch erreicht Bronsky in jedem Fall eines, nämlich dass der Leser dem Erscheinen des nächsten Bandes mit Spannung entgegensehen wird.
Gattung
- Fantasy
- Romane
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 6 bis 10Fächer
FÜZ
- Kulturelle Bildung
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2012ISBN
9783401067988Umfang
302 SeitenMedien
- Buch