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Janet Frame: Dem neuen Sommer entgegen

Besprechung

Der Roman der 2004 gestorbenen neuseeländischen Autorin (*1924) ist 1963 entstanden, aber erst drei Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht worden, da sie die Geschichte für zu intim hielt. In der Protagonistin Grace Cleave stellt sie eine sich selbst verwandte Figur dar, die sie mit einem Zugvogel vergleicht: ähnlich heimatlos, zwischen zwei Welten erfährt sie sich. Die Handlung beruht auf einer ähnlichen Episode in Frames Leben. Grace Cleave wird von einem Literaturkritiker eingeladen, ein Wochenende mit seiner Familie auf dem Land zu verbringen. Schon die Einladung selbst ist eine Zumutung für sie, aber um sich dem Leben nicht ganz zu entfremden, sagt sie zu. Das Wochenende wird zu einer Prüfung, jeder Schritt eine Qual - sie kürzt die Zeit unter einem fadenscheinigen Vorwand ab. Eine große Sensibilität für Stimmungen und Menschen bei gleichzeitiger Menschen-Phobie, eine starke Phantasie sowie die perfektionistische Suche nach dem richtigen Wort, die zu einer Sprachhemmung führt, machen den Aufenthalt zur Qual, gerade weil die Gastgeber so überaus freundlich und entgegenkommend sind. Es passiert in diesem Romane also nichts und doch ist er voller Dramentik, der Leser wird in den Bewusstseinsstrom hineingezogen und bleibt gleichzeitig verstörter Beobachter. Die Autorin hat eine dreiteilige Biografie geschrieben, die von Jane Campion unter dem Titel „Der Engel an meiner Tafel“ verfilmt wurde. In einem Nachwort berichtet Verena Auffermann, dass sich Janet Frame nach familiären Schicksalsschlägen ohne Widerstand in die Psychiatrie einweisen ließ, weil sie einer Begutachtung ihres Unterrichts entflohen war, dort sieben Jahre von 1947 bis 1954 blieb und als schizophren eingestuft wurde. Knapp bevor man sie durch eine Operation am Stirnhirn in eine willenlose Körpermasse verwandelt hätte, erschien ein neuer Klinikdirektor und verhinderte das.

Didaktische Hinweise

Die Biografie und die Verfilmung interessieren die jungen Menschen noch mehr als der Roman, beides zusammen kann eine Art Analyse der Psyche der sensiblen Schriftstellerin ergeben. Auch als Künstlerroman lässt sich das Buch lesen und vergleichen, etwa mit Thomas Manns „Tod in Venedig“ oder Ortheils „Im Licht der Lagune“.

Alle hier rezensierten Werke von Janet Frame

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 12

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783406605208

Umfang

287 Seiten

Medien

  • Buch