Annika Thor: Entscheide dich!

Besprechung

Jesper und Abbe sind schon ewig Freunde. Gemeinsam denken sie sich verrückte Sachen aus. Manchmal stellen sie sich vor, dass sie als Jaspis und Abed-nego über magische Kräfte verfügen und ihre Fähigkeiten aneinander messen. Irgendwann denken sie sich ein Entscheidungsspiel aus: „Wie würdest du entscheiden, wenn du die Wahl hättest zwischen ...?“ Jesper ist mittlerweile fast 15 und Abbe listet die Fragen, die ihm für das Entscheidungsspiel einfallen, längst in einem schwarzen Notizbuch auf, um sie nicht zu vergessen und festzuhalten. Dort steht dann zum Beispiel: Wenn du dich entscheiden müsstest, wofür würdest du dich entscheiden? Nach Thailand schwimmen oder alle Bücher lesen, die es in der Schulbibliothek gibt? Doch Jesper, der sonst großen Spaß am Sinnieren hat, hat plötzlich keinen Kopf mehr für die Fragen. Seine Gedanken drehen sich um Annie. Die beiden sind glücklich verliebt. Während Jesper immer mehr Zeit mit Annie verbringt, sucht Abbe mehr den Kontakt zur Klassenclique und gerät dabei zunehmend in Auseinandersetzungen um Kraftproben und Alkohol. Auf einer Party eskaliert die Situation. Abbe versucht verzweifelt Jesper zu erreichen, doch der ist bei Annie und meldet sich nicht. Ist die Freundin also doch wichtiger als der beste Freund? Annika Thors Sprache nimmt Jugendliche ernst. Die Auswahl und die Beschreibung der Szenen, eine Busfahrt, am Kiosktreffpunkt oder bei einer Müllräumaktion wirken echt, weder verniedlichend noch moralisch überladen. Die charakteristischen Szenen bleiben aber nicht, wie es im Jugendbuch leicht der Fall ist, vorhersehbar oder oberflächlich. Die Suche der beiden besten Freunde nach schlüssigen, richtigen Entscheidungen, die Unsicherheit dabei, das Hin- und Hergerissen Sein, werden authentisch beschrieben. Eindrücklich wirken die Schilderungen der beiden in ihren erfundenen Rollen als Jaspis und Abed-nego und die gefühlvollen Gespräche zwischen Abbe, Annie und Jesper. Ernsthaftigkeit und die Deutlichkeit unbeschönigter Folgen im Extremfall überzeugen und heben das Jugendbuch aus der Menge von Jugendromanen zu den einschlägigen Themen („first love“, Alkohol o. ä.) heraus. Eine Lektüre, die sehr gut das Dilemma zwischen Freundschaft und Beziehung beschreibt. Die schwedische Autorin wurde bereits 1999 für das Kinderbuch „Eine Insel im Meer“ mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Weitere Bücher von Annika Thor wie „Ich hätte Nein sagen können“ und „Ein rotes Herz, ein blauer Schmetterling“ standen auf der Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis.