Katrin Stehle: Nur ein Teil von mir

Besprechung

Alles läuft perfekt für Lina. Ein Freund, um den sie viele beneiden, eine beste Freundin, eine coole Clique und tolle Eltern. Dann erst die Eröffnung, dass Linas Mutter noch ein Kind erwartet. Später die Erklärung, dass der Vater die Erbkrankheit Chorea Huntington hat. Und die Frage, die sich aufdrängt, ob auch Lina von der erblichen Gehirnerkrankung betroffen ist. Sie weiß nicht, ob sie hören möchte, was jetzt noch an Erklärungen kommt. Ein Teil warnt sie, ein anderer hört hin: „Ich bin dein Vater und werde es immer sein. Auch wenn es biologisch anders ist.“ (…) „Ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass du diese Krankheit bekommen könntest. Deshalb wurdest du mithilfe einer Samenspende gezeugt“ (S.60/61) - das war es dann. Mit einem Satz bricht Linas Welt zusammen. Sie ringt mit sich und sucht nach Antworten, die ihrem Leben Sinn geben. Wer ist ihr leiblicher Vater? Wie weit ist sie von ihrem Vater geprägt? Wer ist sie genau? Doch statt der besten Freundin oder dem Freund Julian scheint ausgerechnet Nick, ein Außenseiter in Linas Klasse, ihre Lage zu verstehen. Oder warum verbringt sie ihre Zeit plötzlich lieber mit Nick als mit Julian? Katrin Stehle erzählt sehr einfühlsam und sensibel. Die Reflexionen der Ich-Erzählerin Lina kreisen und verzögern teilweise auch die Handlung. Ohne Zweifel ist das Thema „Spenderkind“ ein unverbrauchtes Jugendbuch-Genre, was es an und für sich schon interessant macht. Ein Buch und ein Thema, das Mitdenken lässt, Empathie fordert und gerade Mädchen fesseln kann.