Karen Foxlee: Alles, was wir träumten
Besprechung
Eines der wohl schönsten Bücher – sicher aber auch eines der traurigsten
Lenny Spink wächst zusammen mit ihrem kleinen Bruder Davey und ihrer Mutter in einer Stadt in Amerika auf. Schon bei der Geburt ahnt ihre Mutter, dass etwas mit Davey nicht stimmt. Ob es etwas Gutes oder etwas Schlechtes ist oder irgendwas dazwischen, das wird sich erst noch zeigen müssen. Was nicht stimmt, das zeigt sich, als Davey etwa fünf Jahre alt ist: Er wächst. Mehr als andere Kinder. Auch weil Davey nun ständig neue Kleidung braucht, muss die Mutter viel arbeiten. Lennys Vater ist immer wieder verschwunden, bis er dann nicht mehr wiederkommt. Vor allem Lenny vermisst ihn. Dafür stehen sie und Davey fest zusammen. Beide freuen sich sehr, als sie „Das Wissen der Welt“ gewinnen. Jeden Monat schmökern sie leidenschaftlich im neuen Band der Lexikonreihe. Davey brennt für Adler und die Falkenjagd, Lenny für Käfer. Davey nimmt den Band auch mit, als er mit seiner Mutter nach Chicago für eine Operation fährt. Ein Tumor ist die Ursache seines unaufhörlichen Wachstums. Den Vater ausfindig zu machen und ihm von Daveys Krankheit zu erzählen, gelingt nicht. Lenny bleibt für die Wochen bei der Nachbarin, die sich sonst auch immer um die Kinder kümmert, wenn die Mutter arbeitet. In dieser Zeit macht sie in der Nachbarschaft eine Spink aus, ihre Großmutter, wie sie hofft. Sie besucht sie fast täglich heimlich. Auch als Davey und die Mutter zurückkehren, teilt sie nicht wie sonst ihr Geheimnis mit ihrem Bruder. Überhaupt entfremden sie sich etwas. Auf Davey muss ja nun Rücksicht genommen werden. In der Schule schämt Lenny sich oft für ihren großen, ungelenken Bruder, der aber wegen seines Wesens allseits beliebt ist. Und dann fängt Davey nach einer Zeit der Ruhe wieder zu wachsen an. Der Tumor ist zurückgekehrt …
Lenny erzählt die Geschichte im Rückblick in der Ich-Perspektive. Dadurch wird der Leser oft jeder Hoffnung beraubt. Als der Vater geht, weiß der Leser, dass es das letzte Mal sein wird, dass Lenny ihn sehen wird. Er weiß schnell, dass Oma Spink keine Verwandte, sondern nur eine einsame alte Dame ist. Er weiß, wie sehr die Mutter leidet, als der Mann, für den sie von zu Hause ausgerissen ist, sie im Stich lässt. Und er weiß, dass Davey sterben wird. Diesen Weg geht man mit dieser kleinen, dem Schicksal gegenüber machtlosen Familie mit. Durch die deskriptive, nicht wertende, ehrliche Ich-Perspektive Lennys ist das oft beklemmend. Sie beschreibt, wie Daveys nahender Tod Mutter und Großmutter wieder zueinander führt, wie Lenny und Davey sich wieder näherkommen und wie die Familie Davey begleitet und verabschiedet. Als Davey geht, trudelt der letzte Band des Lexikons ein. Der Band F aber, Daveys Lieblingsband, wird für immer fehlen. Das, was Lenny und ihrer Mutter mit Davey begegnet ist, war etwas Gutes.
Didaktische Hinweise
Wem soll man dieses Buch empfehlen? Eigentlich jedem, dem man so viel Traurigkeit zumuten kann. Es beschreibt auf die schönste und traurigste Art zugleich, wie es ist, einen Bruder gehen lassen zu müssen. In dieser Hinsicht gibt es für den Religions- und Ethikunterricht viele Anknüpfungspunkte.
Gattung
- Romane
Eignung
für die Schulbibliothek empfohlenAltersempfehlung
Jgst. 6 bis 7Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Kulturelle Bildung
- Soziales Lernen
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2020ISBN
9783407755506Umfang
352 SeitenMedien
- Buch
- E-Book