Klaus Kordon: Wie Spucke im Sand

Besprechung

Die dreizehnjährige Munli wächst in einem kleinen indischen Dorf auf. Da sie kein anderes Leben kennt, akzeptiert sie die herrschenden strengen Regeln, die harte Arbeit und das Verhältnis zwischen Frauen und Männern. Der Plan ihres Vaters, sie mit einem wesentlich älteren Mann im Dorf zu verheiraten, vor dem sie sich fürchtet, ändert ihr Leben auf einen Schlag. Obwohl sie sich sehr vor ihren Eltern schämt, flieht sie zusammen mit einer ebenfalls unglücklichen Freundin. Die beiden Mädchen flüchten sich in die Berge zu einer Gruppe von Rebellen, die von einer Frau geführt werden. Dieses Leben in der Illegalität und unter Gesetzlosen stürzt Munli in große Gewissenskonflikte. Obwohl sie die Notlage vieler Menschen bedrückt, sieht sie in Gewalt keine Lösung dieser Probleme. Schließlich flieht sie erneut, diesmal in die große Stadt Allahabad, wo sie einige Zeit als Bettlerin lebt. Dabei trifft sie auf Frauen und Mädchen, die ihrem Leben einen neuen Sinn geben. Munli findet zuletzt nicht nur Arbeit, sondern lernt sogar lesen und schreiben. Der Autor führt auf spannende und einfühlsame Weise in ein auf den ersten Blick fremdartiges bzw. weit entferntes Thema ein. Am Beispiel Indiens schildert er das Leben der Frauen in einer von Traditionen und starren sozialen Strukturen geprägten Gesellschaft, ohne sie aus der europäischen Perspektive sofort als überholt und negativ abzustempeln, und vermittelt damit eine ausgewogene Darstellung: So lernt die Protagonistin auch die Frauen zu akzeptieren, die keine neuen Wege suchen, sondern an Traditionen festhalten.