Gabi Kreslehner: Und der Himmel rot

Besprechung

Gabi Kreslehner hat mit ihrem ersten Jugendbuch „Charlottes Traum“ bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. den Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis. „Und der Himmel rot“ wird 2012 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Ein Onkel, Kurt, nimmt Oliver Darm nach der Beerdigung seiner Mutter einfach zu sich, lässt ihn bei sich wohnen und lässt ihn in Ruhe. Für seine 16 Jahre ist Oliver ganz schön kühl und abweisend, genau genommen ein Eisklotz. Er selbst hält sein Leben für verpfuscht, was er in gewisser Weise auch für vorprogrammiert hält, bei einem Namen wie „Oliver Darm“. Trotzdem setzt er seine Hoffnung auf Jana, die in ihn verliebt ist. Obwohl er Jana nicht liebt, meint er doch, sie könnte ihn aus seinem persönlichen Chaos befreien. Vielleicht ist er ja doch kein Frosch und es steckt ein Prinz oder zumindest etwas anderes in ihm? Wenn also jemand eine Chance hat, an ihn heranzukommen, dann weder sein Freund Muskat, mit dem er die meiste Zeit am Fluss „abhängt“, noch sein Onkel Kurt, höchstens Jana. Die Polizei taucht auf und Oliver wird wieder mit allen tragischen Ereignissen in seiner Familie konfrontiert: Mit dem Verschwinden seiner Schwester, mit seiner Mutter, die anfängt zu trinken - und dazwischen irgendwie er. Dabei hat er das Gefühl, dass er das alles für sich schon ewig begraben hat. Er wird schließlich einen ganzen Sommer brauchen, um ans Licht zu holen, was in seiner Familie und in seinem Leben kaputt gegangen ist. Das eigentlich Besondere an der tragischen Geschichte ist nicht, was tatsächlich passiert ist, sondern wie Gabi Kreslehner darüber schreibt. Ihre Sprache schwankt zwischen zart und sensibel auf der einen Seite und direkt und derb auf der anderen. Beides wird häufig direkt aneinander gesetzt, zum Beispiel in gefühlvollen Stimmungsbildern, die manchmal brutal durch Olivers Wutausbrüche gebrochen werden. Zusammengenommen entsteht eine Spannung, die das Gefühlschaos eines traumatisierten Jugendlichen nachzeichnet. Der Erzählstil ist knapp. Die Dialoge sind verkürzt. Breiten Raum nehmen innere Monologe ein. Als Grundtenor müsste eigentlich eine schwermütige Stimmung vorherrschen. Die Autorin bricht diese aber immer wieder auf bis hin zu einem glaubwürdig-zuversichtlichen Ende. Irgendwie mag man diesen verschrobenen Protagonisten mit seinen tragischen Erlebnissen, der auf dem Buchcover den Leser mit seinen nassen Haaren wie ein begossener Pudel mit großen, weiten Augen und verschlossener Miene anschaut. Man wünscht sich, dass es irgendwie gut weitergeht für ihn. Als Lektüre sehr empfehlenswert. Empathie kommt in diesem Fall von allein. Mit gutem Grund wurde das Buch in der Kategorie Jugendbuch für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2012 nominiert. Der knappe Umfang ist sympathisch und schülerfreundlich. 2013 erschien eine preiswerte Neuausgabe, die den Einsatz als Ganzschrift im Unterricht unterstützt.