Alois Prinz: Der Brandstifter
Besprechung
Wie kann man für Jugendliche eine Biographie von Joseph Goebbels schreiben, die nicht platt, nicht besserwisserisch, nicht simplifizierend ist. Alois Prinz, der ja schon durch seine differenzierten Darstellungen des Lebens von Hannah Arendt, von Ulrike Meinhof oder von Franz Kafka bestochen hat, ist es gelungen, die schillernde Persönlichkeit des NS-Propagandaministers überzeugend darzustellen. Ihm gelingt es, in die Figur Goebbels hineinzutauchen, ohne Mitleid oder gar Sympathie mit dessen abstrusen Ideen zu erwecken. Auch wenn wir wissen, wie vieles aus seinem späteren Leben sich erklären lässt aus seinen frühen Verletzungen als behindertes Kind, auch wenn wir erfahren, wie er leidet, weil er in der Zeit der Weimarer Republik trotz all seiner Fähigkeiten scheitert, auch wenn wir - und das ist das Erschreckendste - nachvollziehen müssen, dass Goebbels seine Grausamkeiten immer als Opfer für eine „größere Sache“ angesehen hat, schmälert das nicht seine Schuld. Besonders spannend wird es dann, wenn man einen intertextuellen Blick auf die Meinhof-Biographie wirft, wird doch auch hier Gewalt mit ebendiesen Argumenten gerechtfertigt. Prinz hat sich der Aufgabe unterworfen, Unmengen von Tagebüchern, literarischen und politischen Zeugnissen von Goebbels durchzuarbeiten, um ihm auf allen Ebenen zu begegnen.
Didaktische Hinweise
Das Bestechende an der Biographie von Prinz ist es, wie historische Fakten und Konstruktion von Geschichte aus der Gegenwart sich ergänzen. Der Autor macht immer wieder deutlich, wenn seine eigene Interpretationen einsetzt oder er unsicher ist. Er spielt damit nicht den allwissenden Historiker, sondern den zögernden Biographen. Diese Haltung lässt sich auch sehr gut in den Unterricht integrieren, sowohl in den Deutschunterricht - wo es wohl eher um die Frage gehen wird, wie Biographien geschrieben werden - wie auch im Geschichtsunterricht, wo der Vergleich mit historischen Fakten im Zentrum stehen wird. Dabei ist vor einer zu frühen Beschäftigung mit dem Stoff aber zu warnen. Nur wer historisch versiert genug ist, ist in der Lage, die Biographie wirklich zu verstehen. Überhaupt sind die Bücher von Alois Prinz mehr und mehr an der Schwelle zur wirklichen Erwachsenenliteratur, was natürlich schade ist, weil die von Beltz ursprünglich für Jugendliche konzipierte Reihe damit den Adressaten ändert. Für gute zehnte Klassen und die Oberstufe ist „Der Brandstifter“ aber sicher ein lohnenswertes Buch.
Gattung
- Sachbücher
Sachbuchkategorie
- Biografien, Autobiografien, Porträts
Eignung
in Auszügen geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
FÜZ
- Politische Bildung
Erscheinungsjahr
2011ISBN
9783407810984Umfang
320 SeitenMedien
- Buch