Ulla Hahn: Spiel der Zeit

Besprechung

Nach den Romanen „Das verborgene Wort“ und „Aufbruch“ liegt mit diesem Band Ulla Hahns drittes Buch über das Leben Hilla Palms (wohl immer wieder Alter Ego der Autorin) vor. Nach der proletarischen Kindheit im streng katholischen Rheinland schafft Hilla Ausstieg und Aufstieg bis zum Abitur, muss viele Widerstände und Demütigungen erleiden, nicht zuletzt eine traumatische Vergewaltigung. Nun endlich studiert sie in Köln und findet im zärtlich-klugen Hugo die große Liebe, obwohl auch hier Kränkungen lauern, wird sie doch von Hugos großbürgerlicher Familie abgelehnt. Detailfreudig, akribisch, die verschiedenen Milieus genau treffend berichtet die Erzählerin vom katholischen Studentenwohnheim, von der Politisierung der Universität, von den verschiedenen Gruppen zwischen Linkskatholizismus und orthodoxem Marxismus, von lauteren und weniger lauteren Motiven der „Revolutionäre“. Zeitgeschichte findet sich praktisch auf jeder Seite, für jüngere Leserinnen und Leser, denen das Wiedererkennen fehlt, manchmal vielleicht eine nicht ganz einfache Lektüre. Dennoch für den, der sich nicht vor dicken Büchern fürchtet, eine lohnende Lektüre, sowohl in Hinsicht auf Hillas Selbstfindung und Überwindung ihres Traumas wie auf die historischen Bezüge. Interessant dazu ein Interview mit der Autorin: www.3sat.de/mediathek/.