Evan Kuhlman: Der letzte unsichtbare Junge
Besprechung
Der Autor lässt seinen Protagonisten, Finn Garrett, 12 Jahre alt, das vorliegende Buch als seine Autobiographie in Tagebuchform ausgeben. In kurzen Kapiteln werden episodenhaft Ereignisse aus dem gegenwärtigen und vergangenen Leben des Jungen erzählt. Finn beginnt im September zu schreiben und beendet sein Buch Ende Oktober. Bezugspunkt bleibt dabei immer der schreckliche Tag im Juni, der alles verändert hat. Der Leser erfährt bald, dass Finns Vater, ein ehemals aktiver Baseballspieler, der seine Sportkarriere der Familie zuliebe aufgegeben hat, nicht mehr lebt. Wie er zu Tode kam, eröffnet sich erst nach und nach, was die Spannung aufrecht erhält. Die Geschichte ist jedoch kein Krimi – der Vater ist eines natürlichen Todes gestorben, wenn auch viel zu jung – es geht vielmehr um den Schock und die Gefühle, mit denen sich Finn angesichts des Verlustes des geliebten Vaters auseinandersetzen muss. Das sieht man ihm auch äußerlich an. Der vorher schwarzhaarige Junge bekommt immer mehr weiße Haare und eine kalkweiße Hautfarbe. Er selbst beschreibt das als Prozess des Unsichtbarwerdens und des Verschwindens. Wichtige Personen in Finns Umfeld sind seine Mutter, sein Bruder Derek, seine Freundin Melanie und der Großvater. Die Mutter ist verständnisvoll, aber selbst trostbedürftig. Den jüngeren Bruder scheint der Tod des Vaters nicht ganz so schlimm mitgenommen zu haben. Die „coole“ Melanie, seine Kinderfreundin, kann ihm Halt geben; sie behandelt ihn wie immer und hält auch zu ihm, als die anderen Schüler ihn wegen seines Aussehens anstarren oder verspotten. Strukturiert werden die kurzen Kapitel durch einige durchgängige Überschriften. Da gibt es „Eine wahre Geschichte über einen verschwindenden Jungen“ in vielen Teilen, das „Logbuch des Raumschiffs Finn Garrett“ mit mehreren Einträgen, „Finns erstaunliche Wassergeschichten“ und etwas später „Friedhofsgeschichten“. Dazwischen Tagebucheinträge und Kapitel, die sich auf Finns Familie und auf Erlebnisse mit seinem Vater beziehen, aber auch kleine philosophische Exkurse zum Beispiel über Wiedergeburt. Alle diese Texte begleitet Finn mit zahlreichen meist kleinformatigen schwarz-weißen Zeichnungen. Verschiedene Graustufen zeigen, wie der Junge nach und nach an Farbe verliert. Finn erweist sich als sehr feinfühliger, liebevoller und nachdenklicher Junge, der aber durchaus auch zu jungenhaftem Blödsinn aufgelegt ist. So lassen sich auch lustige Episoden unterbringen, ohne geschmacklos zu wirken. Die Sprache wirkt authentisch und passend für einen Zwölfjährigen. Häufig wendet sich Finn direkt an die Lesenden und zieht sie damit in die Geschichte hinein.
Didaktische Hinweise
Das Buch ist anrührend, ohne Schmalz und Kitsch, und damit sehr empfehlenswert. Es wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 nominiert. Aufgrund der kurzen Texteinheiten ist es auch hervorragend als Vorlesebuch geeignet. Der Gesamtumfang erfordert dafür jedoch ausreichend Zeit im Schuljahr. Finns Geschichte bietet zahlreiche Anlässe zum Gespräch, über eigene Erlebnisse oder tiefsinnige Fragen. Die Verwendung als Klassenlektüre bietet sich von Textumfang und Inhalt her für Klassenstufe 4 oder 5 an. An einigen Stellen werden die jungen Leserinnen und Leser Informationen benötigen über amerikanische Orte, Persönlichkeiten, Eigenarten und vor allem über Baseball. Eigene Schreib- und Malversuche können sich anschließen.
Gattung
- Romane
Eignung
als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 3 bis 6Fächer
- Deutsch
FÜZ
- Soziales Lernen
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2010ISBN
9783423760010Umfang
285 SeitenMedien
- Buch