Sherman Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers
Besprechung
Indianer kennen keinen Schmerz. Deshalb erhält Arnold Spirit, genannt Junior, auch nur halb so viel Schmerzmittel wie ein Weißer von seinem weißen Zahnarzt, als der ihm zehn Zähne auf einmal zieht. Junior hat nämlich zehn Zähne zu viel und einen sehr großen Kopf, weil sich in seinem kleinen Schädel zu viel Cerebrospinal-Flüssigkeit angesammelt hatte, als er auf die Welt kam. Die Ärzte saugten das Zuviel mit einer Art kleinem Staubsauger ab. Kein guter Anfang für ein kleines Menschenkind, das als Spokane-Indianer in einem Reservat aufwächst. „Du Dad“, fragt Junior seinen alkoholabhängigen Vater am Erntedankfest, „wofür müssen wir Indianer eigentlich dankbar sein?“ - „Dafür, dass man uns nicht ganz ausgerottet hat.“ „Jeder Albtraum wäre mir lieber gewesen als meine Wirklichkeit“, stellt Junior mit vierzehn Jahren fest, als er seine Großmutter, seine Schwester und Eugene, den besten Freund seines Vaters, innerhalb weniger Monate an den Alkohol verloren hat. Seine Großmutter wurde von einem betrunkenen Indianer überfahren, seine Schwester starb volltrunken in einem Wohnwagen, der in Flammen aufging, und Eugene schoss ein besoffener Kumpel ins Gesicht. Trotzdem gibt der Junge nicht auf. Er besucht sogar eine High School außerhalb des Reservats, um wenigstens den Funken einer Hoffnung auf ein anderes Leben zu haben. Damit verliert er seinen einzigen Freund Rowdy, gewinnt zwar neue Kameraden und eine „lilienhäutige Halbfreundin“ auf der Schule der Weißen, aber dazugehören wird er nie. „Ich würde Rowdy immer gernhaben. Und er würde mir immer fehlen. Genauso, wie mir meine Großmutter, meine Schwester und Eugene immer fehlen werden.“ Sherman Alexie gehört selbst dem Stamm der Spokane-Indianer an. Er beschreibt das andere Amerika, das Amerika der Verlierer und Ausgegrenzten, deren Zukunft schon mit der Geburt auf Niederlagen fixiert ist. Nur ein winziges Stück Hoffnung ermöglicht es Junior, diesem Schicksal vielleicht zu entkommen.
Didaktische Hinweise
Als Klassenlektüre für die Mittelstufe, vor allem für eine 8. Klasse, ist diese humorvoll geschriebene, schaurige Erzählung ganz sicher hervorragend geeignet. Vor allem die häufig beklagten „Wenigleser“ unter den Jungen wird das Tagebuch eines echten Indianers interessieren, auch wenn sie sich sein Leben wahrscheinlich völlig anders vorstellen. Auf der Homepage des dtv wird ein hervorragendes ausführliches Unterrrichtsmodell mit Informationen und zahlreichen Arbeitsblättern angeboten. Bei der Lektüre im Unterricht lässt sich auch mit dem Englischlehrer der 8. Jahrgangsstufe zusammenarbeiten, da im Lehrplan unter dem Stichwort „Interkulturelles Lernen und Landeskunde“ die "Situation und Lebensweise Jugendlicher in einem weiteren englischsprachigen Land" behandelt werden.
Vom dtv-Verlag gibt es hier ein kostenfreies Unterrichtsmodell.
Gattung
- Romane
Eignung
sehr gut als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 7 bis 9Fächer
- Deutsch
- Interkulturelle Erziehung
- Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)
Erscheinungsjahr
3. Aufl. 2011ISBN
9783423782593Umfang
272 SeitenMedien
- Buch