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Donna Tartt: Der Distelfink

Besprechung

Alle zehn Jahre schreibt Donna Tartt, mit Bret Easton Ellis befreundete Autorin, einen Bestseller. „Der Distelfink“ ist ein Entwicklungsroman, der, nach einem kurzen Einstieg am Ende der Geschichte in einem Hotel in Amsterdam, mit einem Paukenschlag beginnt: Beim Anschlag auf das Metropolitan Museum in New York wird der dreizehnjährige Ich-Erzähler Teo von seiner Mutter getrennt. Ein von den Trümmern tödlich getroffener Mann, der Theo wegen seiner hübschen Begleiterin schon im Museumsshop aufgefallen war, bittet ihn, ein kleines Gemälde zu retten, das einen Distelfink darstellt. Theo entkommt samt dem Gemälde dem Chaos, seine Mutter stirbt bei dem Anschlag. Von da an ist nichts mehr, wie es war. Erzählt werden nun die folgenden vierzehn Jahre, in denen Theo das Bild, dessen reales Vorbild in Den Haag hängt, oder die Sorge um seine sichere Verwahrung immer begleiten. Er sei an allem selbst schuld, schreibt der Ich-Erzähler zu Beginn. Und es stimmt, dass er ohne seinen Schulverweis nicht zu diesem Zeitpunkt mit seiner Mutter im Museum gewesen wäre. Jedoch ist der Anlass der Schulprobleme eher belanglos und zufällig. Und so kommt es zu vielen Wendungen im Leben des jungen Mannes, die man zufällig oder schicksalshaft nennen mag – jedenfalls zwingen sie ihn immer wieder dazu, Entscheidungen zu treffen und über Moral nachzudenken. Nachdem der Junge den Zeitpunkt verpasst hat, zu dem er das Bild einfach zurückgeben hätte können, ist die Sorge, dass es entdeckt wird, stets präsent: In den Jahren bei der typischen Park Avenue-Familie, die Theo nach dem Tod der Mutter aufnimmt, bei einem Antiquitätenhändler, den er durch die Angaben des Sterbenden im Museum kennenlernt, in der Zeit, die er mit seinem Vater, einem erfolglosen Schauspieler und Spieler, bei Las Vegas lebt und schließlich wieder im Antiquitätengeschäft in New York. Theo gerät immer wieder an die Grenzen des moralisch Akzeptablen. Gewissensprüfungen halten ihn nicht davon ab, diese Grenzen zu überschreiten, auch weil er dabei mit interessanten Menschen zusammentrifft, die ein recht laxes Gewissen, psychische Probleme und einen lockeren Umgang mit Gewalt und Drogen aller Art haben. Ein großes Thema ist die unglückliche Liebe. Ganz am Ende löst sich äußerlich alles auf und wendet sich zu einem ambivalenten Happy End. Die Aufzeichnungen versiegen ein Jahr nach diesem Ende. Am Schluss des Buches gibt es noch eine lange Bilanz und ein philosophisches Resümee, was man aber dem Leser ruhig selbst hätte überlassen können.

Didaktische Hinweise

Das Genre des Entwicklungsromans und seine modernen Varianten, die sich ja oft einer kontinuierlich zum Besseren fortschreitenden Bildungsgeschichte verweigern und vielmehr die Bewährungsproben und das Scheitern betonen, lässt sich bei einer Besprechung im Unterricht, z. B. nach einer Buchvorstellung, vorzüglich erarbeiten. Vergleiche mit Salingers „The catcher in the rye“ oder „American Psycho“ von Brett Easton Ellis lassen sich anstellen. Donna Tartt selbst sieht in Charles Dickens ihr Vorbild. Natürlich ist auch die Kunst ein zentrales Thema in diesem Buch, die reale Geschichte des Gemäldes von Fabritius und die Kunstgespräche mit dem Deutschen Horst. Angesichts seines großen Umfangs sicher keine Klassenlektüre und sicher auch nur geübten Leseratten der Oberstufe als Empfehlung zuzumuten. Gleichwohl einer der meistbesprochenen Neuerscheinungen 2014.

Alle hier rezensierten Werke von Donna Tartt

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2014

ISBN

9783442312399

Umfang

1022 Seiten

Medien

  • Buch