Juli Zeh: Neujahr

Besprechung

Juli Zehs Roman „Neujahr“ spielt auf Lanzarote. Henning, zweifacher Familienvater, sitzt auf seinem Fahrrad und will, schlecht ausgerüstet und ohne Proviant, den steilen Aufstieg in Femés bezwingen. Während er versucht, gegen den starken Wind anzukämpfen, lässt er sein Leben Revue passieren. Obwohl in seinem Leben eigentlich alles zu passen scheint und er mit seiner Frau Theresa ein modernes Familienmodell gefunden hat, fühlt er sich in seinen Rollen als Ernährer der Familie, Ehemann und Vater permanent überfordert. Seit der Geburt seiner Tochter leidet der an Angstzuständen und Panikattacken, die ihn im Roman immer wieder als ein unspezifisches ES befallen. Den wahren Grund für Hennigs Ängste erfährt der Leser erst am Ende des Romans, der dem Aufbau einer klassischen antiken Tragödie folgt. Auf dem (literarischen) Gipfel in Femés angekommen, erkennt Henning, dass er als Kind schon einmal hier gewesen sein muss. Damals hatte sich Schreckliches ereignet – etwas, was er bis zum Erreichen des Gipfels verdrängt hatte: Die Eltern haben Henning mit seiner kleineren Schwester Luna drei Tage lang in dem Ferienhaus alleine gelassen, nachdem sie unter dramatischen Umständen verschwunden waren.