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Joyce Carol Oates: Unter Verdacht - Die Geschichte von Big Mouth und Ugly Girl

Besprechung

Was geschieht, wenn im Land, das die bürgerlichen Rechte erfunden hat, die unbeschränkten Möglichkeiten eines fanatischen Sektierers gegen die Persönlichkeitsrechte eines bis dato unbescholtenen Individuums stehen? Der 16-jährige Matthew Donaghy, genannt Matt, ist ein allseits beliebter, guter Schüler, der für die Schülerzeitung arbeitet, sich als Jahrgangssprecher einsetzt und auch schriftstellerisch tätig ist, bis er eines Tages unverhofft vom FBI verhört wird, weil er eine Bombendrohung geäußert habe. Im Spaß hatte er in der Cafeteria gesagt, dass er die Schule in die Luft sprengen werde. Matt charakterisiert sich selbst als big mouth, Großmaul, weil er schon einmal eine große Klappe riskiert, um im Mittelpunkt zu stehen um bei den anderen anzukommen. Irgendwer hat Matt denunziert und nun läuft die Maschinerie: Matt wird verhört, für drei Tage vom Unterricht ausgeschlossen, und obwohl in den Medien sein Name nicht genannt wird, weiß in der Nachbarschaft bald jeder, dass Matt möglicherweise ein Terrorist sein könnte. Seine Freunde erwidern seine Versuche der Kontaktaufnahme nicht, weil die meisten Eltern der Zukunftsaussichten ihrer Kinder wegen nicht möchten, dass sie mit Matt in Zusammenhang gebracht werden. Die einzige, die ihn nicht im Stich lässt, ist Ursula Riggs. Beide kennen sich nur vom Sehen und Ugly Girl, wie Ursula sich selbst bezeichnet, steht zu Matt, zunächst auch nicht aus Zuneigung, sondern aus Prinzip. Sie war Zeuge der Situation und weiß, dass Matts angebliche Drohung nur ein dummer Spruch eines kindischen Jungen war. Gegen den Rat ihrer Eltern informiert sie selbstbewusst den Schulleiter und überredet auch eine weitere Zeugin, eine dementsprechende Aussage zu machen. Ihre Motivation ist ihr Gerechtigkeitssinn, und so geht Ursula ihren Weg, obwohl sie wenig beliebt ist. Zwar ist sie eine gute Basketballspielerin, aber selbstkritisch gesteht sie sich ein, dass sie wohl mehr sich selbst als das Team sieht. Als Ugly Girl bezeichnet sie sich selbst, weil sie im Gegensatz zum amerikanischen Mainstream ihr Äußeres nicht kultiviert und auch nicht nett sein möchte, sondern einen Weg zur Identitätsfindung sucht, obgleich sie wohl schon darunter leidet, nicht landläufig hübsch zu sein. Während Matt der allseits geliebte Junge war, ist sie den oppositionellen Weg gegangen, hat sie die Position der Außenseiterin gewählt. Obwohl Ursulas Aussage wesentlich zur Entlastung Matts beiträgt, gerät Letzterer immer mehr in eine zuerst ungewollte Außenseiterposition, und nachdem Ursula das Basketballteam der Schule aus Zorn verlassen hat, bleibt ihnen beiden nur ihre Freundschaft, die sich zu einer Jugendliebe intensiviert. Bei einer weiteren Bombendrohung wird der Erpresser ermittelt und Matt endlich völlig rehabilitiert.

Der Anglist kennt die Subtilität der Autorin, mit der sie mit feinen Strichen Psychogramme ihrer Charaktere zeichnet und psychische Abgründe auftut, die den Leser erst erkennen und dann erschrecken lassen. Wieder ein ganz wichtiges Buch der nicht umsonst so hoch ausgezeichneten amerikanischen Autorin.

Didaktische Hinweise

Der Roma ist sowohl als Klassenlektüre wie auch als Grundlage eines Schülerreferates geeignet.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2003

ISBN

9783446203028

Umfang

285 Seiten

Medien

  • Buch