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Virginia E. Wolff: Fest dran glauben

Besprechung

La Vaughns einziges Ziel ist es, aus dem Teufelskreis von Schmutz, Müll, Drogen, Gewalt, Kriminalität und Teenagerschwangerschaften herauszukommen. Fünf Mitschüler aus ihrer Grundschulklasse sind eines gewaltsamen Todes gestorben, ihr eigener Vater wurde zehn Jahre zuvor erschossen, aber La Vaughn findet Halt bei ihrer Mutter, die, seit ihre Tochter den Entschluss gefasst hat, unbedingt auf das College zu gehen, eigens dafür ein Sparbuch angelegt hat. Halt haben ihr früher auch ihre beiden Freundinnen Myrtle und Annie gegeben, aber die haben sich jetzt einer extremen christlichen Sekte, der Fröhlichen Kirche Jesu, zugewandt und glauben, dass alle Andersgläubigen und Schwulen mit den Verbrechern in die Hölle kommen. Der Glaube ist so einfach gestrickt wie leider auch Myrtle und Annie, und so schränken sie den Kontakt zu La Vaughn ein, obgleich sie auch La Vaughns Unterstützung sicher waren, als Annies Mutter sich zweimal scheiden ließ und Myrtles Vater angefangen hat, massiv Drogen zu nehmen und seither entweder arbeitslos oder auf Entzug ist. La Vaughn leidet unter der Entfremdung von ihren beiden Freundinnen, als Jody, ein Freund aus der Kindheit, wieder auftaucht. Das Mädchen sieht ihn und verliebt sich sogleich hoffnungslos. Um schulisch weiterzukommen, nimmt sie mit zwölf anderen Schülern an einem Grammatikkurs teil, und dank des Charismas ihrer Lehrerin wird die Kleingruppe zu einem Team zusammengeschweißt. Die Mitglieder machen sehr bald einen deutlichen sprachlichen, praktischen, aber auch logischen Fortschritt. Mit 14 hatte La Vaughn auf die zwei Kleinkinder von Jolly, die wenig älter ist als sie selbst, aufgepasst, sodass Jolly wieder auf die Schule gehen konnte. Jetzt findet La Vaughn eine Arbeit in der Wäscherei einer Kinderklinik, wo Krankheit und Tod so greifbar sind. Aber trotz ihres sozialen und schulischen Engagements vermag das Mädchen nicht zu verstehen, warum Jody so gar nicht auf ihre Avancen reagiert, um dann zu erfahren, dass er ein Junge ist, der keine Freundin, sondern eine Kameradin braucht. Durch diese Erkenntnis verliert sie völlig den Halt, versagt schulisch und sieht sich am Ende ihrer psychischen Kräfte. In ihrer Verzweiflung beginnt sie selbst die Frage nach Gott zu stellen, die natürlich in dem Roman nicht beantwortet wird. Zur „sweet sixteen party“ kommen dann alle: Jolly mit ihrem neuen Freund, der einer geregelten Arbeit nachgeht und ihre beiden Kinder liebt, Jody und Patrick aus dem Biologieleistungskurs, der lange verschmäht worden ist und dessen Wert erst jetzt von La Vaughn erkannt wird. Bücher über Kinder aus Slums gibt es viele, dieses hat den Vorzug, dass durchwegs Probleme an Jugendliche herangetragen werden, die diese gar nicht haben, sondern vielmehr La Vaughns Selbstfindungs- und Reifungsprozess, ihr Ehrgeiz und ihre Niedergeschlagenheit, ihr Stolz und ihre Demut nachvollziehbar werden und den Leser gefangen nehmen, sodass er das Buch nicht aus der Hand legen wird. Die Begriffe Sympathie und Toleranz werden hier in ihrem ursprünglichen Sinn begriffen, aber was das Buch aus der Masse hervorhebt, ist die rhythmisierte Prosa, die die mehrfach ausgezeichnete Autorin verwendet, und so entsteht hier wirkliche Poesie.

Didaktische Hinweise

Auch Ethik. Man wünscht diesem poetischen Roman viele Leser und dem Deutschlehrer eine ernsthafte und engagierte Klasse, mit der er ihn als Lektüre lesen kann.

Alle hier rezensierten Werke von Virginia E. Wolff

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 8 bis 10

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2003

ISBN

9783446203044

Umfang

243 Seiten

Medien

  • Buch