Rüdiger Safranski: Zeit. Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen

Besprechung

Der vorliegende Band versucht, die Frage „Was ist die Zeit?“ von den Wechselwirkungen zwischen der Zeit und den Menschen her zu beleuchten. Der Philosoph Safranski stellt in zehn Kapiteln den Komplex der vielfältigen Berührungen und Wirkungen dar, beginnend mit der Langeweile, über die bewirtschaftete und vertaktete Zeit unserer beschleunigten Gegenwartsgesellschaft, die kosmische Raum-Zeit bis hin zur Eigenzeit jedes menschlichen Individuums. Darin eingeschlossen sind grundlegende Aussagen zu den spezifisch menschlichen Fähigkeiten, mit der Zeit fiktional umzugehen, einschließlich ihrer Aufhebung zur Ewigkeit im „höchsten Augenblick“. Mit der souveränen Leichtigkeit des Experten beleuchtet Safranski die verschiedensten Lebensbereiche vom Alltäglichsten bis zum ganz Speziellen. Immer wieder aufs Neue überrascht den Leser, wie der Autor auch scheinbar Bekanntes und Selbstverständliches seinem Thema zuordnet. Dabei bezieht er die großen Denker ebenso ein wie die Musik, die bildende Kunst und natürlich die Welt der Literatur von Homer über Goethe bis hin natürlich zu Marcel Proust.

Durch die Darstellung zieht sich, immanent und expressis verbis, die Hochschätzung der Person als einzigartiges Individuum, ausgezeichnet durch das Bewusstsein ihrer Einmaligkeit – und das seit der Antike. Die beeindruckende 20-seitige Bibliografie legt beredt Zeugnis ab von der Kompetenz des Autors. Angesichts der Fülle der Gedanken, Erkenntnisse und Einsichten: Ein Band, zu dem man gleich ein zweites Mal greifen möchte (und auch sollte). Dies last but not least wegen der herausragenden Formulierungskunst Safranskis, der nicht nur quer durch die Zeiten und Disziplinen höchst belesen ist, sondern auch die Sprache punktgenau und souverän beherrscht und seine Einsichten und Urteile nicht selten auch mit erfrischender Ironie gewürzt hat und damit sehr gut verdaulich verabreicht.