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Richard Ford: Kanada

Besprechung

Die Familie eines ehemaligen Air Force Captains aus Alabama lebt in Montana. Der Vater ist aus der Armee ausgeschieden, weil er wegen eines Betrugsfalls, in den er am Rande involviert war, degradiert wurde, und versucht nun mit allerlei Geschäften, die Familie zu ernähren. Die Mutter arbeitet als Lehrerin, die Zwillinge, Berner und Dell, gehen zur Schule. Der Ich-Erzähler ist Dell und sein Bericht ist der einzige Anhaltspunkt dafür, dass wenigstens er das Desaster, von dem der Romane handelt, einigermaßen heil überstehen wird. Der erste Satz des Romans lautet: "Zuerst will ich von dem Raubüberfall erzählen, den meine Eltern begangen Haben. "Wie kommt es dazu, dass ein ganz normales Ehepaar mit zwei Kindern mittendrin beschließt, eine Bank zu überfallen? Was haben sie sich dabei gedacht? Das wird nie ganz klar, da Dell nur die Aufzeichnungen seiner Mutter, die sich im Gefängnis umgebracht hat, als Quelle hat. Nachdem die Eltern festgenommen worden waren, haben die Geschwister sie nur noch ein einziges Mal im Gefängnis wiedergesehen. Die Schwester verschwindet kurz darauf und erst Jahrzehnte später, etwa zur Zeit der Niederschrift durch den inzwischen pensionierten Lehrer Dell, kommt es zu einem letzten Treffen zwischen ihm und der todkranken Berner. Im zweiten Teil des Romans, der fast genau die zweite Hälfte einnimmt, erlebt man, wie Dell von einer Bekannten seiner Mutter ihrem Bruder und damit in die Hände von verbrecherischen Erwachsenen gegeben wird, die seine vernünftigen Pläne, wie etwa in die Schule zu gehen und einen Schachclub zu gründen, völlig ignorieren. Der Junge nimmt das hin, als wäre es vom Schicksal gewollt, und fügt sich sogar sehr gut in das neue Leben ein. Als pensionierter Lehrer versucht er nun schreibend, Ordnung in sein Leben zu bringen. Die Frage drängt sich auf, wie ein junger Mensch mit dieser Geschichte so etwas wie Moralempfinden lernen konnte. Ob der erwachsene Dell deshalb keine Kinder bekommen hat, weil er erlebt hat, wie wenig Verantwortungsgefühl manche Erwachsene für junge Menschen aufbringen?

Didaktische Hinweise

Die Frage nach Schuld und Verantwortung durchzieht das Werk, das man als Entwicklungsromane bezeichnen und etwa mit dem „Grünen Heinrich“ von Gottfried Keller oder dem „Taugenichts“ von Eichendorff vergleichen könnte, der im Gegensatz zu Dell freiwillig auf Wanderschaft geht. Auch Geographie und Politik spielen eine Rolle, denn nicht umsonst ist der Amerikaner Remlinger, in dessen Obhut Dell gegeben wurde, nach Kanada geflohen. Die Landschaften Montanas und Saskatchewans werden in großartigen Passagen geschildert. Ist eine Verfilmung möglich, ohne das Thema des ordnenden Rückblicks vom Lebensende her auszuklammern und damit in die Trivialität eines Kriminalromans abzugleiten? Als Klassenlektüre wegen des großen Umfangs nur für „lesewillige“ Klassen geeignet.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2012

ISBN

9783446240261

Umfang

464 Seiten

Medien

  • Buch