Teju Cole: Jeder Tag gehört dem Dieb. Aus dem Englischen von Christine Richter-Nilsson

Besprechung

Nach 15 Jahren in Nordamerika kehrt der Erzähler als Besucher zurück in sein Heimatland Nigeria und betrachtet es mit seinem mittlerweile „fremden“ Blick. Seine Verwandtschaft ist besorgt, dass er sich als mittlerweile verweichlichter Amerikaner nicht mehr in der Brutalität und Unsicherheit des Alltags zurechtfindet, und er selbst betrachtet voll Erstaunen die Größe und Weiträumigkeit afrikanischer Häuser gegen die jederzeit fühlbare Raumnot in New York. Fassungslosigkeit, Zorn und Verzweiflung ergreifen ihn angesichts der allgegenwärtigen Korruption (ohne die, wie er allerdings resignierend eingesteht, viele überhaupt nicht existieren könnten), der Kriminalität (z. B. in den vielen Internetcafes, aus denen betrügerische Mails, die viel Geld für obskure Anlagen versprechen, in die ganze Welt geschickt werden) und der Gewalttätigkeit, mit der jederzeit gerechnet werden muss. Da der Erzähler (wie ja auch der Autor) mittlerweile diesen westlichen Blick von außen hat, schreibt er quasi mit unseren Augen, aber darüber hinaus stammt er aus diesem Land, nahe Verwandte leben dort, und so schreibt er durchwegs kundig, empathisch, betroffen, aber auch hoffnungslos und distanziert. Das Buch ist kein typischer Roman, es wirkt eher wie eine Ansammlung sehr persönlicher Reisereportagen durch ein unbekanntes, erschreckendes, aber auch faszinierendes Land.