Dimitrij Kapitelmann: Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters
Besprechung
Der Journalist Dimitrij Kapitelman kam als Kind mit seinen Eltern aus Kiew nach Deutschland, nach Leipzig, wo er als Kind durchaus nicht nur angenehme Erfahrungen mit der rechten Szene machen musste. In diesem Buch thematisiert er allerdings vor allem das Verhältnis zu seinem Vater. Mit Zärtlichkeit, Ironie und Verzweiflung beschreibt er Leonid Kapitelman: nirgends zu Hause, nicht russisch, nicht deutsch, nicht wirklich jüdisch, weder Atheist noch religiös, am ehesten noch zufrieden in seinem Leipziger Russische-Spezialitäten-Laden, dem „Magazin“. Einerseits von grenzenloser Gutmütigkeit äußert der Vater andererseits immer wieder wilde Vorurteile, er ist ein Mann der Widersprüche, hat aber als Vater offenbar viel richtig gemacht, denn trotz manch haarsträubender Äußerung bleibt ihm der Sohn immer gewogen. Um dem Vater in seiner Verlorenheit zu helfen (und auch sein eigenes Judentum irgendwie einordnen zu können), überredet Dimitrij ihn zu einer Reise nach Israel, zum Wiedersehen mit alten Freunden aus Russland und zum Kennenlernen eines Landes, das fast zur Heimat der Familie Kapitelman geworden wäre. Diese Reise und all die zwiespältig-verwirrenden Eindrücke (am Ende verliebt sich der Sohn in eine Araberin) wird dem Leser in einer Mischung von Landes, Gefühls- und Politikerkundung vermittelt, immer mit einem empathisch-liebevollen, wenn auch manchmal fassungslosen Blick des Sohns auf den Vater. Ein ungewöhnliches und schönes Buch, nicht ohne Weiteres einzuordnen, sowohl Reiseerzählung als auch Familien- und Gesellschaftsroman.
Didaktische Hinweise
Geeignet als Leseangebot, auszugsweise für die literarische Textanalyse und zur Bearbeitung in Form schriftlicher Arbeiten. Vorschläge für Aufgabenstellungen: - Welche Schwierigkeiten der Kontingentflüchtlinge verschiedener Generationen zeigt der Verfasser in seinem Buch auf? - Charakterisieren Sie Leonid Kapitelman und diskutieren Sie, ob er in dem Buch eine Wandlung durchmacht.- Charakterisieren Sie den Sohn, besonders unter Berücksichtigung seiner Fahrt in die Palästinensischen Autonomiegebiete. -Analysieren Sie die Beziehung zwischen Vater und Sohn. Welche Rolle spielt die Mutter? - Ist Kapitelmans Beschreibung der rechten Szene in Leipzig verharmlosend? - Untersuchen Sie die Bedeutung des Judentums für die Kapitelmans.- Auch Ortheils „Berlinreise“ thematisiert eine Vater-Sohn-Beziehung. Vergleichen Sie die beiden Bücher.
Gattung
- Romane
Eignung
als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 11 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
FÜZ
- Soziales Lernen
Erscheinungsjahr
2016ISBN
9783446253186Umfang
286 SeitenMedien
- Buch