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Maggie Nelson: Die roten Stellen

Besprechung

Bei der Nachforschung über den Mord an ihrer Tante begegnet die Erzählerin/Autorin ihrer Familie und sich selbst auf neue Art. Jane, die jüngere Schwester der Mutter Maggie Nelsons, wurde mit 23 Jahren Opfer eines Mordes, der erst im Jahr 2005 zur Verurteilung eines Mannes führte. Die Erzählerin, die vier Jahre nach dem Mord geboren wurde, hat zu Beginn gerade einen Gedichtband über ihre Tante fertiggestellt. Mit Listen ihrer Forschungsergebnisse und anhand von Tagebuchaufzeichnungen hat sie sich Jane und dem Trauma ihrer Familie anzunähern versucht. Kurz bevor das Buch erscheint, erfährt sie von der Verhaftung eines Mannes, der 35 Jahre nach der Tat aufgrund der Übereinstimmung mit den am Opfer gefundenen DNA-Spuren identifiziert wurde. Zur Zeit des Mordes an Jane waren eine Reihe von jungen Frauen Opfer eines Serienmörders geworden, eine weitere Spur, welcher die Erzählerin auf der Suche nach der Ursache sexualisierter Gewalt gegen Frauen folgt. Sie beschließt, mit ihrer Familie an dem Prozess teilzunehmen und mit ihrer Mutter in der Wohnung einer abwesenden Freundin zu wohnen, wodurch beide eine nicht mehr gewohnte Nähe zueinander erleben. Im Jahr vor dem Prozess ist die Erzählerin von New York nach Middletown in Connecticut gezogen, wo sie an einem College unterrichtet. Als sie zum Prozess fährt, entdeckt sie, dass ihr Freund sie betrügt. So wird die Reise, das belastende Erleben der Beweisaufnahme und die Verurteilung des mutmaßlichen Täters zu einem Bruch, einem „Herzbruch“, wie es in der Übersetzung heißt, in ihrem Leben. Die „roten Stellen“ sind Spuren, denen sie folgt. Einmal sollen sie sich in einem Artikel einer früheren Dozentin über den Apostel Lukas befinden, sie malt sich aus, dass es die inneren Organe eines Menschen sein könnten, aus denen man „die roten Stellen wie Teeblätter (zu) lesen“ (S. 58) kann, ähnlich wie die Spuren am Körper des Mordopfers Jane im Prozess interpretiert werden. Der Weg durch die Spuren und Indizien, den Nelson wählt, ist kein analytischer. Vielmehr reiht sie Beobachtungen und Fakten aneinander, beschreibt die Person des Täters, der seine Tat konsequent leugnet, erinnert sich an ihre Kindheit mit ihrer Schwester, den frühen Tod ihres Vaters und stellt sich den Spuren, die Janes Tod in den einzelnen Mitgliedern ihrer Familie und ihr selbst hinterlassen hat.

Didaktische Hinweise

2015 hat Maggie Nelson dem Buch ein Vorwort vorangestellt, in dem sie Peter Handkes „Wunschloses Unglück“ als Vorbild nennt bei dem Versuch, all die Details aufzuzeichnen, „bevor sie verschluckt würden, sei es durch Angst, Trauer, Vergessen oder Schrecken“ (S.9). Dieses Programm, auch die Distanzierung von „True Crime“ und „Memoir“ an beiden Texten zu verifizieren, ist eine Aufgabe. Einem Hinweis Nelsons zur Erzählweise kann man zu folgen versuchen (s. S.179).

Gattung

  • Sachbücher
  • Romane

Sachbuchkategorie

  • Biografien, Autobiografien, Porträts

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Familien- und Sexualerziehung
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2020

ISBN

9783446265912

Umfang

222 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book