mobile Navigation Icon

Sofi Oksanen: Fegefeuer

Besprechung

Neunziger Jahre: Zara aus Wladiwostock, deren Familie ursprünglich aus Estland stammt, geht nach Deutschland, um dort Geld für ein Medizinstudium zu verdienen. Tatsächlich gerät sie aber in die Hände brutalster russischer Zuhälter. Auf der Flucht vor ihnen begibt sie sich in das Dorf, aus dem ihre Mutter und Großmutter stammen, zur Schwester dieser Großmutter, Aliide Tru. Nun wird ein großer Bogen in die Vergangenheit geschlagen: Es gibt unheilvolle Verknüpfungen bis weit zurück in die Zeit der deutschen Besatzung. Aliide rivalisierte damals mit ihrer Schwester Ingel, Zaras Großmutter, um Hans, einen estnischen Bauern. Dieser steht einer Weile den nationalsozialistischen Besatzern nahe und muss dann vor den neuen sowjetischen Machthabern von Frau und Schwägerin versteckt werden. Die Frauen werden verhört, vergewaltigt und gequält, und Aliide sucht sich als Schutz einen überzeugten Kommunisten als Mann, den sie aber nicht liebt. Noch immer hofft sie, Hans für sich zu gewinnen, und schreckt auch nicht davor zurück, bei der Deportation von Schwester und Nichte mitzuwirken. So lebt sie, Opfer und Täterin zugleich, mit dieser Schuld bis zu Zaras Ankunft. Erst allmählich erkennt sie Zaras Identität und die Gefahr, in der diese sich befindet. Sie sieht ihr eigenes Schicksal gespiegelt und hilft schließlich in einem blutigen Befreiungsakt der Enkeltochter des in der Jugend so sehr begehrten Hans, nicht ohne ihr eigenes Leben auszulöschen. Das Buch ist in seiner Verknüpfung der individuellen Schicksale mit den großen historisch-gesellschaftlichen Tragödien, unter denen die Menschen Estlands leiden mussten, ein großartiges und spannendes Leseerlebnis, das neue Sichtweisen etwa der Katastrophe von Tschernobyl oder der Entsetzlichkeit der erzwungenen Prostitution vermittelt. Auch in dem schillernden Verschwimmen von Tätern und Opfern oder von Schuld und Unschuld ist das Buch außergewöhnlich.

Didaktische Hinweise

Als Leseangebot ist das Buch wegen der quälenden Szenen von Folter und Prostitution nur für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe zu empfehlen, auszugsweise zur Besprechung im Unterricht, als Thema (auch fächerübergreifend Deutsch/Geschichte) für schriftliche Hausarbeiten, Projekte oder Portfolios.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Politische Bildung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783462042344

Umfang

395 Seiten

Medien

  • Buch