E. L. Doctorow: In Andrews Kopf
Besprechung
Das Leben des Kognitionswissenschaftlers Andrew ist eine Reihe von Katastrophen. So hat er als Kind eine Puppe gestohlen, seine Mutter verlangt, dass er sie zurückgibt, und als daraufhin die Besitzerin ihm die Türe vor der Nase zuschlägt, läuft er weg, rutscht aus und zerbricht seine Brille. Sein Dackel wird am Washington Square von einem Raubvogel getötet. Als Erwachsener verursacht er, ohne es zu wollen, den Tod seines Kindes. Seine Frau Briony kommt ums Leben und er weiß sich keinen anderen Ausweg, als sein kaum geborenes zweites Kind zu seiner ersten Frau zu bringen. Diese Szene bildet den starken Anfang des Romans. Als neutraler Erzähler fungiert Andrews Freund, Therapeut oder auch Gefängnispsychologe, der protokolliert, was Andrew ihm erzählt. Vieles scheint unwirklich, zwischen facts und fiction ist keine scharfe Trennlinie. Das Gehirn des Menschen bildet die Wirklichkeit unzuverlässig ab. Andrews Traum als eher zweitrangiger Kognitionswissenschaftler ist, das Bewusstsein aller Menschen in einem einzigen androiden – so klingt es im Namen des Protagonisten an – Gehirn zu vereinen. Sollte das ein Weg sein, ein Abbild der Realität zu bekommen? In den Geschichten Mark Twains, eines großen Vorbilds des Autors, findet er mehr Wirklichkeit als in seiner eigenen Erinnerung. Am Ende bekommt Andrew, dessen Frau beim Einsturz der Twin Towers spurlos verschwunden ist, durch eine zufällige Fügung Zugang zum Zentrum der Macht, dem Oval Office, in dem offenbar Bush seinen sinnlosen Feldzug gegen den Terror mit all den politischen Floskeln und verdrehten Wahrheiten zu untermauern versucht. Aus einer plötzlichen Anwandlung macht Andrew einen Handstand im Präsidentenbüro und wird abgeführt.
Didaktische Hinweise
Dieser letzte Roman des Sohnes russisch-jüdischer Auswanderer ist auf Deutsch nach dem Tod des Autors 2015 erschienen und wurde von Gertraude Krueger aus dem Amerikanischen übesetzt. Er vereint wiederkehrende Motive aus früheren Werken, die zum Vergleich herangezogen werden können. Die Herkunft des Schriftstellers als Emigrant, die Bespitzelung durch die NSA bzw. die gegenseitige Spionage der mächtigen Staaten sind mögliche Hintergründe des Romans.
Gattung
- Romane
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 11 bis 13Fächer
- Deutsch
- Englisch
- Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)
FÜZ
- Soziales Lernen
Erscheinungsjahr
2015ISBN
9783462048124Umfang
208 SeitenMedien
- Buch