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Anne C. Voorhoeve: Lilly unter den Linden

Besprechung

Lilly kümmert sich rührend um ihre todkranke Mutter. Zwar hat sie keinen Vater mehr, der ihr beistehen könnte, dafür eine Tante. Tante Lena kennt sie aber nur aus Erzählungen, denn zu einer Begegnung ist es noch nicht gekommen. Grund dafür ist Lenas Wohnort: Sie lebt mit ihrer Familie in Jena, in der DDR. Damit ist der Plot vorgegeben: Lena und Lilly lernen sich bei der Beerdigung von Lillys Mutter kennen und die 13–Jährige versteht recht schnell, dass sie der letzte Teil ihrer Familie ist. Wenn da nicht die DDR wäre! Die Lage spitzt sich schnell zu, denn der Lebensgefährte von Lillys Mutter, Pascal, ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er sich um Lilly kümmern könnte und der Vormund der Heranwachsenden möchte sie deshalb in eine Pflegefamilie geben. In Lilly reift der Entschluss heran, zu Lenas Familie in die DDR zu flüchten. Mithilfe von  Pascal reist sie nach Ost–Berlin, wo Lilly alleine per Zug nach Jena weiterreist. Nicht alle in Lenas Familie sind vom Plan der unbekannten West–Verwandten begeistert: Die Tochter sieht in ihr eine Konkurrentin, der Vater fürchtet um Konsequenzen durch die DDR–Führung, denn er vermochte nur eine Aufenthaltserlaubnis für eine Woche zu erwirken. Schlechte Voraussetzungen für Lillys Plan! Doch das Leid geprüfte Mädchen gibt so schnell nicht auf und die Zeit ist auf ihrer Seite: Wir schreiben das Jahr 1989! Der Roman ist in einer stellenweise geradezu poetischen Sprache geschrieben. An keiner Stelle wird hier dankenswerterweise der Versuch unternommen, die Sprache der Jugendlichen nachzuahmen, um Zustimmung zu erheischen. Die Leserinnen und Leser werden nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich von dieser Lektüre profitieren.

Didaktische Hinweise

„Ich nahm an, dass wir die DDR irgendwann einmal in der Schule behandeln würden, und damit konnte man es von mir aus gut sein lassen.“

30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es nötiger denn je, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, wie man sich das Leben in der DDR im Unterschied zum Leben im Westen vorzustellen hat. Um wertzuschätzen, wie wertvoll die deutsche Einheit ist, muss man sich mit der deutschen Teilung auseinandersetzen.

In der Handlung des Romans verbinden sich existenzielle mit historischen Fragestellungen. Wer kümmert sich um mich, wenn ich keine Familie mehr habe? Warum konnte die Verwandte aus der DDR nicht einfach zu ihrer todkranken Schwester in der BRD reisen? Wie gelang Lillys Mutter damals die Flucht aus der DDR und warum musste ihre Schwester dafür „bezahlen“? Wie verhindert der DDR–Staat, dass seine Bürger fliehen?

Man könnte die Schülerinnen und Schüler ein Glossar zu den zahlreichen unbekannten Begriffen erstellen lassen: LPG, FDJ, Sozialismus, Stasi, Kommunismus, Jungpioniere…

Gattung

  • Romane

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Politische Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2004

ISBN

9783473352517

Umfang

256 Seiten

Medien

  • Buch
  • Hörbuch
  • E-Book
  • Film