Ferdinand von Schirach: Die Würde ist antastbar

Besprechung

Ferdinand von Schirachs Buch mit dem provokanten Titel „Die Würde des Menschen ist antastbar“ ist eine Sammlung von 13 Essays, die der Autor zwischen 2010 und 2013 in dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" veröffentlicht hat. Die meisten Essays haben klassische ethisch-moralische Fragestellung zum Thema wie z. B. die Frage, ob der Staat zur Lebensrettung Folter androhen darf wie in dem immer noch umstrittenen Fall des Kindsmörders Markus Gäfgen geschehen. Auch die Frage, mit der Schirachs Essay-Band beginnt, nämlich ob man ein von Entführern gekapertes Flugzeug durch Abfangjäger abschießen und damit den Tod Unschuldiger billigend in Kauf nehmen darf, wird im Schulunterricht immer wieder als klassische Dilemmasituation behandelt. In Schirachs Fallbeispiel kündigen die Terroristen zudem an, die entführte Maschine mitten auf dem Potsdamer Platz in Berlin abstürzen zu lassen. Aber anders als im Ethikunterricht häufig diskutiert, stellt dieses Szenario für den Schriftsteller und Anwalt Schirach kein ethisches Problem dar. Seine Position ist eindeutig: Die Bundesregierung begehe einen klaren Rechtsbruch, würde sie sich zum Abschuss der gekaperten Maschine entschließen. Im Zweifel zieht der Autor und Anwalt also die Strenge der Strafprozessordnung allen anderen Argumentationsgängen vor. Neben den besagten Essays finden sich in Schirachs schmalem Buch aber auch persönlich gefärbte Erinnerungen an seine Zeit auf dem Jesuiteninternat St. Blasien oder an seinen Großvater, den Reichsjugendführer Baldur von Schirach, den sein Enkel kaum gekannt hat und dessen Handeln während der NS-Zeit ihm bis heute ein Rätsel ist.