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Inger-Maria Mahlke: Archipel

Besprechung

Das Buch ist Gewinner des Deutschen Buchpreises 2018. Es erzählt (rückwärts!) die Geschichte mehrerer Familienzweige auf der Insel Teneriffa zwischen 2015 und 1919. Die ungewöhnlich-unbequeme Erzählweise ist für den Leser spannend und anstrengend, weil vieles nicht gleich klar ist, sondern sich erst langsam erschließt. Die fast durchwegs unglücklichen Figuren sind dies auch durch die historischen Umstände, denn diese Familiensaga ist geprägt von der Franco-Ära, die Familienmitglieder waren entweder Gegner oder Gefolgsleute des Diktators. Dessen langer Schatten reicht sowohl in die Vergangenheit als auch in die Gegenwart. Der Roman verwebt psychologische Darstellung, historische Entwicklung und geographische Beschreibung. Grandios werden Landschaft, Vegetation und Wetter, leider auch die touristische Verwüstung, aber auch die Reste ursprünglicher Schönheit dargestellt. Die Härte und Kargheit bäuerlichen Lebens zeigen sich z. B. an der Mühsal, die es bedeutet, stachelige Feigen zu ernten und zu verschicken, die Gnadenlosigkeit des klerikalen Regimes wird deutlich an den hartherzigen Nonnen, bei denen „gefallene Mädchen“ diszipliniert und ausgebeutet werden.

Bei der Lektüre empfehlen sich unbedingt die Verwendung des Glossars (der Text enthält viele spanische und kanarische Ausdrücke) und die Hinweise auf die Figuren.

Der Text beginnt mit dem Fokus auf Rosa. Sie ist Kunststudentin und nach Hause zurückgekehrt, planlos und ziellos besteht ihr Lebensinhalt aktuell im süchtigen Konsum einer TV-Serie.

Ihre Mutter Ana Baute ist konservative Politikerin und in einen Korruptionsskandal verwickelt, der Vater, Felipe, aus dem einflussreichen Clan der Bernadottes, trinkt und hat seinen Beruf als Historiker aufgegeben. Anas Vater Julio Baute hat gegen Franco gekämpft, dies mit Gefängnis und Traumatisierung bezahlt und lebt nun mit über neunzig Jahren als Portier in einem Altenheim. Natürlich steht dieser Zweig der Familie im völligen Gegensatz zu den Bernadottes, die als Inhaber einer faschistischen Zeitung Nutznießer des Franco-Systems waren. Trotz materieller Vorteile, sozialen Ansehens und politischen Einflusses sind die Familienmitglieder unglücklich, Francisca, Felipes schöne Mutter, bringt sich um. Das Elend der Frauen, die sich als Dienstmädchen um das leibliche Wohl dieser reichen Personen kümmern müssen, ist dagegen viel handfester, hier geht es um Hunger und Gewalterfahrungen und harte Arbeit der Roman ist also multiperspektivisch über die Generationen und sozialen Schichten hinweg.

Didaktische Hinweise

Das vielschichtige, anspruchsvolle Buch eignet sich für interessierte und aufgeschlossene Schülerinnen und Schüler als Lektüre, außerdem als Thema für Projekte, Portfolios oder schriftliche Hausarbeiten.

Anregungen für eine Besprechung/Bearbeitung:

  • Sandra Kegel vergleicht in einer Rezension in der F.A.Z. das Erzählprinzip des Romans Archipel mit F. Scott Fitzgeralds Geschichte „Der seltsame Fall des Benjamin Button". Verifizieren Sie diese Aussage anhand der beiden Texte.
  • Erstellen Sie eine Genealogie der Figuren und erarbeiten Sie, inwiefern sich Politisches in den privaten Schicksalen spiegelt (z. B. Tourismus, Politik, Korruption, Rolle der Medien bei Ana Baute).
  • Informieren Sie in einem Kurzreferat über den Spanischen Bürgerkrieg.
  • Informieren Sie in einem Kurzreferat über die aktuellen Probleme des Tourismus auf Teneriffa.
  • Erstellen Sie eine Informationsbroschüre zu Teneriffa und verwenden Sie dazu Textauszüge aus dem Roman.
  • Analysieren Sie das Motiv der Dekadenz am wohlhabenden Familienzweig im Roman „Archipel“.
  • Analysieren Sie unter dem Aspekt „Verfall“ oder „Niedergang“ die drei Romane „Archipel“ von Inger-Maria Mahlke, „Es geht uns gut“ von Arno Geiger und „Buddenbrooks“ von Thomas Mann.

Alle hier rezensierten Werke von Inger-Maria Mahlke

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Geografie/Erdkunde

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Politische Bildung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783498042240

Umfang

429 Seiten

Medien

  • Buch