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Ijoma Mangold: Das deutsche Krokodil. Meine Geschichten

Besprechung

Der Autor erzählt, wie er als Kind einer alleinerziehenden Mutter in Heidelberg eine behütete Kindheit erlebte. Dass er seinen Vater nicht kannte und er anders aussah als die anderen Kinder, konnte er erfolgreich verdrängen, da er sich der deutschen Kultur vollkommen anpasste und ein guter Schüler war. Seine Mutter erzählte ihm von seinem Vater: er musste nach seinem Studium zurück in sein Dorf und dort heiraten, da die Familie für sein Medizinstudium aufgekommen war. Als Kind war er mit dieser Erzählung zufrieden und suchte nie nach einer anderen Wahrheit. Als sich sein Vater plötzlich meldet, während der Autor in München studiert, und von Blut, das dicker als Wasser sei, schreibt, passt das dem 22jährigen überhaupt nicht. Nach einigem Zögern fügt er sich doch in das Unumgängliche und zunächst lernt Ijoma seine Schwester Ikunna, später auch den Vater und dann in Nigeria den Rest der Familie kennen. So wird er in eine fremde Welt eingeführt, die nicht seine ist, wenn er auch daraus abstammt. Die Idee seines Vaters, er werde nach Nigeria kommen und sein Krankenhaus leiten, weist er von sich und das Interesse des Vaters flaut wieder ab, die Schwester lebt inzwischen in Heidelberg und er sieht sie weiterhin. Ein Kapitel ist „Obama“ überschrieben und der Autor berichtet, wie seine Hautfarbe durch die Wahl des amerikanischen Präsidenten mehr in sein Bewusstsein rückte und sein Selbstbild sich veränderte. Er musste nicht verdrängen, was sowieso jeder sah und akzeptierte. Es folgt die anrührende Erzählung von Krankheit und Tod der Mutter. Es entsteht in dem Memoir ein ambivalentes Bild der Mutter-Sohn-Beziehung, gemäß der Entwicklung des Sohnes: als Kleinkind bilden beide eine symbiotische Einheit, dann distanziert er sich und mokiert sich über die psychoanalytische Weltsicht seiner Mutter, die als Familientherapeutin arbeitet, ohne jedoch den Kontakt je zu verlieren, und schließlich begleitet er sie in ihrem Sterben und man spürt als Leser eine tiefe und anhaltende Trauer über ihren Tod hinaus. Das Buch bekommt dann noch eine erstaunliche Wendung. Bei einem Amerika-Aufenthalt, der dem Schreiben des Memoirs diente, entdeckte I.M., was er schon längst hätte bemerken können. Die Lebensdaten seiner Halbschwester und Informationen über die zweite Familie seines Vaters zeigen ihm, dass die Geschichte seiner Eltern anders verlaufen ist, als die Mutter ihn glauben ließ. Letztendlich ändert das dann doch nicht so viel, nur zieht der Autor eine Lehre über die Kunst der Verdrängung daraus.

Das Memoir ist sachlich und unsentimental geschrieben, obwohl es viele Emotionen weckt. Viele Motive sind für junge Menschen interessant, wie zum Beispiel die schillernde Figur des Tenno.

Didaktische Hinweise

Die Textsorte „Memoir“ vereint Autobiographisches mit Elementen des Zeitgeschehens und der Politik. Dies kann eine Anregung für kreatives Schreiben sein. Das Thema des „Andersseins“ ist Stoff für Diskussion und weitere Lektüre.

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • Biografien, Autobiografien, Porträts

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783498044688

Umfang

345 Seiten

Medien

  • Buch