Joanna Bator: Sandberg
Besprechung
Dass Dominika ihr dunkles Aussehen und ihre mathematische Intelligenz wohl vom jüdischen Großvater, den ihre polnische Großmutter vor den Nazi-Schergen versteckte, geerbt hat, wird erst gegen Ende des Romanes klar. Drastisch zeigt das Feuer, in dem Dominikas Großeltern lange nach der Nazizeit umkommen, das Fortdauern des Antisemitismus bis heute. Aber dieser Romane hat noch viele weitere (der Wirklichkeit abgeschaute) Handlungsstränge: Nach der Vertreibung der Deutschen aus Niederschlesien kamen in Walbrzych vertriebene Ostpolen aus sowjetisch annektierten Gebieten an. Zunächst zogen die Neuankömmlinge in die Häuser der Deutschen, in den sechziger Jahren wurde dann der titelgebende „Sandberg“ gebaut: eine sozialistische Vorzeigewohnanlage, ein Plattenbau, der allerdings nach dem Niedergang des Bergbaus auch wieder im Sand versinken wird. Hier leben Jadzia und Stefan Chmura mit ihrer fremdartigen Tochter Dominika. Jadzia ist eine fanatische Hausfrau und Katholikin, was sie aber nicht von mehreren Abtreibungen abhält. Stefan schuftet im Bergwerk, er ist eine tragische Figur, nach sozialistischen Aufbruchsjahren gewinnen Hoffnungslosigkeit und Alkohol immer mehr Macht über ihn. Positivere Figuren sind die beiden Großmütter, Freunde und der junge Kaplan. Dieser entscheidet sich am Ende zwar doch für Rom und nicht für Dominika, aber nicht umsonst gefällt er auch Dominikas Großmutter Halina, erinnert er sie doch an ihren russischen Zirkuskünstler, Dominikas anderen Großvater. Allein die multiethnische Anlage der Familie macht den Romane zum Spiegel polnischer Geschichte. Hinzu kommen noch viele weitere Beobachtungen, die ein lebendiges Bild einer polnischen Provinzstadt während und nach dem Kommunismus zeichnen. Das Buch ist bitter, traurig, komisch, derb, inhaltlich und sprachlich überbordend.
Didaktische Hinweise
Als Lektüre im Unterricht ist der Roman weniger geeignet, dafür ist er zu lang und in den sexuellen Schilderungen zu unverblümt. Für Oberstufenschüler jedoch als Leseangebot geeignet, ebenso als Grundlage für Referate, schriftliche Hausarbeiten, Portfolios etc. Zehn Hinweise für eine Bearbeitung durch Schüler 1. Zeichnen Sie einen Stammbaum Dominikas und beschreiben Sie dessen Bedeutung für das Buch. 2. Inwiefern ist Vaterlosigkeit ein Thema des Buches? 3. Fremdheit und Wurzellosigkeit sind die großen Themen des Romanes. Bestätigen Sie diese These. 4. Analysieren Sie die tragende Rolle der Frauen in dem Romane. 5. Erklären Sie Jadzias problematischen Charakter. 6. Dominika kommt aufgrund mörderischen Hasses fast zu Tode. Analysieren Sie diesen Hass. 7. Der Katholizismus spielt in Polen eine große Rolle. Wie wird er hier dargestellt? 8. Mit welchen Stilmitteln beschreibt die Autorin den sozialistischen Alltag? 9. Wie werden die Beziehungen zur sogenannten BeErDe dargestellt? 10. Welche Figuren sind Hoffnungsträger in dem Buch und warum? Die fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele „Familien- und Sexualerziehung“ sowie „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ lassen sich durch dieses Buch thematisieren.
Gattung
- Romane
Eignung
für die Schulbibliothek empfohlenAltersempfehlung
Jgst. 11 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
FÜZ
- Alltagskompetenz und Lebensökonomie
- Familien- und Sexualerziehung
Erscheinungsjahr
2011ISBN
9783518422229Umfang
492 SeitenMedien
- Buch