Lutz Seiler: Kruso
Besprechung
Durch diesen Roman, Gewinner des Deutschen Buchpreises 2014 und des Uwe-Johnson-Preises 2014, wird die Touristenanzahl auf Hiddensee sicherlich noch steigen. Atmosphäre und Landschaft der Insel üben zusammen mit der „Aussteigerstory“ und dem poetisch-beschwörenden Ton des Textes eine eigenartige Anziehungskraft aus, auch wenn der „hohe Ton“ und die starke Emotionalität der Helden manchmal etwas anstrengend wirken. Bereits der Titel verweist auf die Situation der Insel (im geographischen, aber auch geistigen Sinn als Zufluchtsort in der DDR) und auch auf zwei Bewohner: Hier sind es Ed aus Halle, der den Unfalltod der Freundin nicht verkraftet hat, und Kruso, der das Verschwinden seiner Schwester im Meer (auf der Flucht nach Dänemark?) nicht vergessen kann. Ed wird im „Klausner“, einer der Inselkneipen, aufgenommen und verrichtet dort zusammen mit Kruso und anderen die eklige und abstoßende Arbeit in der Spülküche. Die Beschreibungen dieser Arbeit, der Enge, des Drecks, der Nässe gehören zu den großartigsten Passagen des Buches, sie sind dynamisch, rhythmisch, anschaulich. Erst allmählich wird klar, dass Kruso eine Art heimlicher Herrscher der Insel ist, der allen Aussteigern, die sehnsuchtsvoll hierher kommen und wohl auch mit der Flucht über die Ostsee liebäugeln, für eine begrenzte Zeit Unterkunft und Verpflegung verschafft und sie „innere Freiheit“ lehren will; wenn man die habe, müsse man nicht mehr aus der DDR weg. Zwischen Ed und Kruso entwickelt sich eine tiefe, auch erotische Freundschaft mit Irritationen und Verletzungen, und all das passiert im Jahr 1989, als plötzlich alles anders wird.
Didaktische Hinweise
Als Ganzschrift-Lektüre oder zur Bearbeitung für häusliche Arbeiten erscheint das Buch nur für sehr leistungsstarke und interessierte Schülerinnen und Schüler sinnvoll. Vorstellbar sind jedoch Referate und auszugsweise Besprechungen im Unterricht, vor allem auch unter sprachlichen Aspekten. Geeignete Textstellen sind z. B.: S. 91ff. („Warum ziehen der Mond und der Mann“) oder S. 100ff. („Der Lurch“). Interessant ist natürlich auch eine Untersuchung zum historischen Hintergrund, also der Geschichte der Insel zur DDR-Zeit, zur Rolle des Dichters Trakl oder zu den biographischen Spuren des Autors im Buch. Ein aufschlussreicher Artikel von Lutz Seiler findet sich dazu unter dem Titel „Der Herbst des Einsamen“ in der Süddeutschen Zeitung vom 31.10./1./2. November 2014.
Gattung
- Romane
Eignung
in Auszügen geeignetAltersempfehlung
Jgst. 11 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
Erscheinungsjahr
2014ISBN
9783518424476Umfang
484 SeitenMedien
- Buch