Gerbrand Bakker: Birnbäume blühen weiß
Besprechung
Die Familie besteht nur aus dem Vater und seinen drei Söhnen, den Zwillingen Klaas und Kees und dem jüngeren Gerson. Die Mutter hat die Familie schon lange verlassen und hält ihren Aufenthaltsort geheim. Weitere Rollen spielen die freundlichen Großeltern Anna und Jan und Gersons Hund Daan. Die Umgebung sowohl des elterlichen als auch des großelterlichen Hauses wird als fast unwirklich idyllisch dargestellt, allerdings verheißt gleich zu Beginn die Nähe des Friedhofs nichts Gutes. Gerson, hübsch, liebenswürdig und besonders, ist fast vierzehn Jahre alt, er wird von seinem Vater, den Großeltern und den Zwillingsbrüdern zärtlich geliebt. Auf einer Fahrt zu den Großeltern hat die Familie einen Unfall, der Vater übersieht ein von rechts kommendes Auto. Gerson verliert als Folge dieses Unfalls sein Augenlicht. Der Leser wird aus verschiedenen Perspektiven Zeuge der Qual, Verzweiflung und Depression des Jungen und verfolgt auch die halb hilflosen, aber immer bemühten und mitleidenden Versuche der Familie, ihn zu trösten. Dass es für Gerson keinen Trost und keinen Ausweg gibt, legt sein Ertrinken im See nahe. Ohne dass es ausgesprochen würde, scheint alles auf Gersons Selbstmord hinzudeuten. Immerhin wird am Ende des Buches eine mögliche Kontaktaufnahme zur Mutter angedeutet. Das sehr traurige Buch hinterlässt einen tiefen Eindruck. Das liegt an der knappen und sparsamen Darstellung der tiefen Emotionen von Zuneigung und Verzweiflung.
Didaktische Hinweise
Als Klassenlektüre erscheint das Buch gleichermaßen hervorragend geeignet wie eine Zumutung. Es bietet Stoff für eine Fülle von Besprechungsansätzen, behandelt aber ganz stark auch Gebrochenheit und Scheitern der menschlichen Existenz. Deshalb würde die Rezensentin trotz klarer Verständlichkeit und stilistischer Einfachheit das Buch nur für höhere Jahrgangsstufen empfehlen, hier aber unbedingt. In diesem Buch gibt es Schönes und Schreckliches: Schönes: Freundlichkeit des Vaters, der Zwillingsbrüder, der Großeltern, drollig-treuer Hund, idyllische Umgebung, großelterliches Haus als Zuflucht, besorgter Krankenpflege. Schreckliches: Verrat und Verlust der Mutter, Unfall, Blindheit, Depression, Hilflosigkeit, Selbstmord. Den Aspekt „Gewöhnung“ spricht Gerson selbst im Buch an. (Gerson weiß, dass er froh sein sollte, dass ihm manches schon leichter fällt, aber er will diese Gewöhnung nicht, weil er sich mit der Situation nicht abfinden kann.) Der Vater fordert Klaas und Kees auf, Gerson nun nicht mehr zu schonen. (Das klingt zunächst brutal, aber was soll der Vater anders machen, als der Realität ins Auge zu sehen.) Die Zwillingsbrüder sind bereit, sich ganz um Gerson zu kümmern. (Der Vorschlag ist rührend, aber nicht praktizierbar, sowohl Kaas als auch Kees müssen zur Schule und auch Gerson müsste dies dringend tun, damit jeder sein eigenes Leben leben kann.) Die Mutter hält ihren Aufenthaltsort konsequent geheim(evtl. Schwachstelle der Romankomposition?). Gerson als Blinder kann vieles nicht mehr tun. Man könnte sagen: Ein solcher Schicksalsschlag ist nicht zu verkraften. Überlegen Sie, unter welchen Voraussetzungen er trotz seiner Erblindung ein erfülltes Leben hätte haben können. (Sehr viel von dem, was ihm bisher gefallen hat, ist nicht mehr möglich. Diese Behauptung kann natürlich gerade von Lehrern und Schülern, denen solche Erfahrungen erspart geblieben sind, nicht leichtfertig beantwortet werden, die dritte Frage kann hier vielleicht weiterhelfen. Eine Antwort müsste vor allem auf menschliche Zuwendung, technische Hilfsmittel und persönliche Kraft zielen.)
Gattung
- Romane
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Kulturelle Bildung
- Soziales Lernen
- Medienbildung/Digitale Bildung
Erscheinungsjahr
2010ISBN
9783518461709Umfang
120 SeitenMedien
- Buch