Wolf Biermann: Warte nicht auf bessre Zeiten! Die Autobiographie

Besprechung

Was für eine Vita! Als Sohn kommunistischer Eltern in Hamburg 1936 geboren, der Vater, Jude, dann in Auschwitz ermordet, hatte Wolf Biermann den Antifaschismus mit der Muttermilch aufgesogen! Von der Mutter 1953 in die kommunistische DDR geschickt, dort mit dem Realsozialismus, mit Stasi und Unterdrückung konfrontiert, aufmüpfig geworden, 1976 ausgebürgert, gerade wegen seiner Treue zur Idee des Kommunismus – Wolf Biermann, nach seinem Selbstverständnis „der geborene Außenseiter“. Was für ein Weg voller Paradoxa und Umwege, bis er endlich erkannte, dass „die schlechteste Demokratie .... unendlich viel besser als die beste Diktatur“ ist.

Nun legt der 80-jährige Liedermacher mit dieser Autobiografie ein faszinierendes Panaroma seines Denkens, Schreibens und Handelns vor. Auch wenn man sich seinen Auffassungen, Urteilen und Anschauungen nicht immer anschließen wird, nötigt er jedem Leser Bewunderung ab für seine Offenheit, seine radikale Ehrlichkeit und die Fähigkeit zur kritischen Selbstanalyse. Subjektiv-einseitig, scharfzüngig, polemisch und überspitzt schildert er sein LebensDramen; symptomatisch dafür sind seine beiden konträren Hauptquellen: einmal die jahrzehntelang akribisch geführten Tagebücher, zum anderen seine mehrere zehntausend Seiten umfassenden Stasiakten. So präsentiert sich sein Leben als Beispiel für den unangepassten Intellektuellen, einem Polarisierer gewiss, aber einen mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, auch wenn dies der linke war.

Deutsche Geschichte von der Hitlerzeit bis heute, exemplarisch verdichtet, sprachmächtig, gewiss überspitzt, aber zugleich glaubhaft wahr und echt: ein Document humaine, anrührend, ergreifend und von Anfang bis Ende packend!