mobile Navigation Icon

Que Du Luu: Im Jahr des Affen

Besprechung

In „Totalschaden“ und „Vielleicht will ich alles“ hat sich die in Vietnam geborene Chinesin Que du Luu mit Figuren auseinandergesetzt, die ihrem eigenen Leben fernstehen: Jungen, die sich mit durchgeknallten Eltern auseinandersetzen müssen. Auch in „Im Jahr des Affen“ wird ein Mädchen mit der „beschädigten Welt der Erwachsenen“ konfrontiert, hier aber greift Que Du Luu auf Autobiographisches zurück. Sie selbst war als Boatpeople nach Herford gekommen, wo ihre Eltern ein China-Restaurant führten. Und ein China-Restaurant am Rande des Ruins steht auch im Zentrum dieses Romans. Min Thi, die mit ihrem Vater allein in Herford wohnt, möchte so sein wie alle Mädchen um sie herum. Sie möchte sich verlieben und interessiert sich nicht für ihre chinesischen Wurzeln. Als eines Tages ein traditionsbewusster Onkel aus Australien auftaucht, der Vater mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus landet, der chinesische Koch streikt, weil er die Konflikte mit ihrem Vater zum Anlass nimmt aufzubegehren, muss Mini, wie die Deutschen sie nennen, plötzlich alles alleine stemmen und hat keine Zeit mehr für die deutsche Umwelt. Sie setzt sich mit ihrer Familiengeschichte auseinander, mit den chinesischen Bräuchen und vor allem mit der chinesischen Sprache. Immer wieder versteht sie ihre Mitstreiter im Restaurant nur halb, errät, was man ihr sagen will, oder sucht selbst nach den richtigen Worten. Immer wieder gerät sie selbst zwischen die Fronten, und zwischen den dümmlichen Chinesenwitze ihrer Schulkameraden, den traumatisierten Erfahrungen derer, die anders als sie selbst die Flucht am Ende des Vietnamkrieges bewusst erlebt haben, zwischen den konservativen Vorstellungen vom „richtigen Leben“, das ihr Onkel ihr vorhält, muss sie selbst finden, dass sie „das Chinesische in sich“ nicht einfach wegschneiden kann, sondern dass das alles zu ihrer Selbstfindung dazugehört. Das hört sich Dramatischer an, als der Roman es präsentiert, denn gleichzeitig findet sich auch hier wie in den beiden ersten Romanen von Que du Luu Situationskomik und Sprachwitz, was auch in den schlimmsten Situationen Pragmatismus und Schnoddrigkeit signalisiert (etwa, wenn man den eigenen Vater auf dem Bürgersteig mit einem Herzinfarkt findet und sich doch Gedanken darüber macht, ob man das Essen, das da in der Schüssel auf dem Boden liegt, noch essbar ist).

Didaktische Hinweise

Dieser Fluchtroman ist durch eine Sprache gekennzeichnet, die es sich nicht einfach macht. Immer wieder wird der Kampf um die richtigen Worte, werden die Übersetzungsprobleme zwischen Deutsch und Chinesisch thematisiert und das ist natürlich ein Thema, das sich für den Deutschunterricht besonders eignet. Das Thema der vietnamesischen Boatpeople ist in Deutschland zur Zeit eher durch neuere Fluchtgeschichten an den Rand gedrängt worden, aber Vergleiche zu diesen liegen natürlich nahe, etwa wenn es um die Frage geht, wie man seinen Weg zwischen der Herkunftskultur und der neuen deutschen Kultur finden kann oder wie mit den Ansprüchen der Zurückgelassenen umgegangen werden soll.

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch
  • Interkulturelle Erziehung

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783551560193

Umfang

288 Seiten

Medien

  • Buch