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Ruta Sepetys: Salz für die See

Besprechung

Die amerikanische Autorin Ruta Sepetys ist in Deutschland vor allem mit ihrem historischen Roman „Und in mir der unbesiegbare Sommer“ (2011) aufgefallen. Schon in diesem arbeitet sie das Schicksal ihrer litauischen Familie auf, indem sie auf die bei uns oft unbekannten stalinistischen Deportationen von litauischen Intellektuellen hinwies. Auch in „Salz für die See“ (2016) steht eine litauische junge Frau im Zentrum und Sepetys greift auch hier auf Erfahrungen mit der Flüchtlingsgeschichte ihrer Familie auf. Ein Trupp von Flüchtlingen um die litauische Krankenschwester Joanna flüchtet durch Ostpreußen nach Gotenhafen (das heutige Gdynia) – durch Schnee und über das zugefrorene Haff, unter dem Beschuss russischer Waffen und in der Gefahr, von den deutschen Truppen als Defaitisten aufgehalten zu werden, da eine Flucht der deutschen Bevölkerung bis zum letzten Moment verboten wurde. Ihnen schließen sich zwei Menschen an, die zur Bedrohung für die kleine Gruppe werden könnten, denn ihre Papiere sind „nicht in Ordnung“. Die schwangere Emilia ist Polin und damit gar nicht zur Flucht berechtigt, der junge Deutsche Florian aus Tilsit versucht mit gefälschten Papieren durchzukommen. Beide tragen ein Geheimnis mit sich, das erst im Laufe des Romans aufgedeckt wird. Bis auf die blinde Ingrid gelingt es der Gruppe um Joanna einen Platz auf dem Ausreiseschiff Wilhelm Gustloff zu erringen, von dem der informierte Leser weiß, dass genau dieses Schiff von russischen U-Booten angegriffen wurde, sodass von den ca. zehntausend Mitreisenden nur ca. tausend überlebt haben. In einem Jugendbuch kann man die zentralen Helden natürlich nicht sterben lassen, doch Sepetys gelingt es, die dramatische Spannung bis zum Schluss aufrechtzuerhalten und trotzdem historisch gut recherchiert zu erzählen (das belegt allein schon der umfangreiche Anhang zu ihren Quellen). Für Jugendliche notwendig war wohl auch die Liebesgeschichte um Joanna und Florian und die etwas reißerische Handlung um Florians Beteiligung um das Verstecken des „Bernsteinzimmers“. Literarisch geschickt ist aber das multiperspektivische Erzählen, bei dem sich Emilia, Florian, Joanna und eine parodistisch angelegte Figur um den deutschen Soldaten Alfred Frick abwechseln. Letzterer schreibt in seinem Kopf fiktive Briefe an eine fiktive Braut in Deutschland, der er anvertraut, wie er dem Führer dadurch dient, dass er sein eigenes Leben schont und sich vor der Arbeit drückt. Als Schwächen des Romans könnten allenfalls angeführt werden, dass das Aufdecken der persönlichen Geheimnisse der einzelnen Figuren zwar spannungserzeugend ist, oft aber etwas ungeschickt „eingeflochten“ wird. Der Roman wurde in den USA für die Carnegie Medal nominiert sowie von Publishers Weekly als eines der Best Books 2016, von der New York Times als eines der Notable Children´s Books of 2016, vom School Library Journal als eines der Best of 2016-Bücher und vom Wall Street Journal als eines der Best Children´s Books of 2016 ausgezeichnet. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Henning Ahrens.

Didaktische Hinweise

Der Roman eignet sich in besonderer Weise für den Unterricht. Zum einen lässt sich historisches Wissen über den Untergang der „Gustloff“ mit empathischer Einfühlung in schülernahe Figuren verknüpfen. Zum zweiten bietet der Roman natürlich auch eine Brücke zu aktuellen Fragen im Umgang mit Flüchtlingen. Zum dritten ist der Roman so spannend und jugendnah geschrieben, dass er sich als Lesefutter anbietet. Zum vierten ist er aber literarisch so komplex, dass man – vor allem in der Figurengestaltung (die sogar schon die eigene Wikipedia-Seite ausführlich aufgreift) - genügend Stoff für den Deutschunterricht in der 9. oder 10. Klasse hat. Jüngeren SchülerInnen ist der Roman nicht zuzumuten, besonders die Schilderung der Grausamkeiten beim Untergang des Schiffes überfordert sie. Statt dessen bietet es sich an, den Roman mit älteren SchülerInnen zu lesen – ggf. im Vergleich mit anderen Bearbeitungen des Themas im Film („Nacht fiel über Gotenhafen“, 1959) oder im Erwachsenenbuchbereich (Grass: „Im Krebsgang“). Vergleiche sind natürlich auch möglich zu anderen Büchern, die aktuell das Thema „Flucht“ darstellen.

Alle hier rezensierten Werke von Ruta Sepetys

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783551560230

Umfang

416 Seiten

Medien

  • Buch