Ellen Hopkins: Crank
Besprechung
„Das Monster“, so nennt die fast siebzehnjährige Kristina bezeichnenderweise die Droge Crank, in deren Fänge sie während eines Aufenthalts bei ihrem Vater in jenem Sommer in Albuquerque gerät. Ihre Mutter, von der sie sich zunehmend entfremdet, hat ihrem Drängen, den Vater besuchen zu dürfen, nachgegeben. Die erneute Begegnung mit ihm, der sich seit acht Jahren nicht mehr um sie gekümmert hat, bringt allerdings nicht die erhoffte Nähe; beide bleiben in ihrem Kokon gefangen: der Vater, ein heruntergekommener Junkie und Hilfsarbeiter auf einer Bowlingbahn, die Tochter, hungernd nach Liebe und Zuwendung auf dem Weg in die Drogenhölle. Die synthetische Droge Crank wird von nun an ihr Leben bestimmen. „Du wirst es lieben“ (S. 95), verspricht ihr Adam, ihre erste große Liebe. Und nachdem sie sich ihre erste „Linie“ gezogen hat, gibt es kein Zurück mehr. Unter dem Einfluss von Crank kommt es zum Verlust der eigenen Persönlichkeit: Aus der einsamen, schüchternen Kristina, der vielversprechenden Schülerin, wird Bree, die ohne Skrupel „die Grenze zwischen Anstand und Sünde“ (S.15) fortan immer öfter überschreitet. Als Kristina wieder zu Hause in Reno ist, bleibt sie nur für kurze Zeit „clean“, psychisch hat „das Monster“ sie längst in seiner Gewalt. Sie versucht schulisch und familiär den bisher gewohnten Status quo aufrechtzuerhalten, doch gelingt ihr das immer weniger. Wechselnde Freunde werden zu Partnern im gemeinsamen Genuss des Giftes. Ihr „erstes Mal“ mit Brendan gerät zu einer Vergewaltigung im Drogenrausch. Das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins lässt sich, wenn überhaupt, nur mit mehr Crank ertragen. Freundschaften zerbrechen, Entschlüsse, das Ruder noch einmal herumzureißen, werden von dem Monster erstickt und Kristina erkennt: „Will man entkommen, so sehnt man sich nach seinem saugenden Griff. Man verzehrt sich danach, wie es einen aufrecht hält und stützt, wie sich die Sucht dabei heftig steigert ...“ (S. 475). Bree alias Kristina plündert das Konto ihrer Mutter, um sich ihre „Lebensweise“ (S. 455) zu finanzieren, und steht „in der Hierarchie des Monsters“ (S. 484) schließlich ganz oben, denn sie wird selbst zur Dealerin. Mitten in der Abwärtsspirale entdeckt sie, dass die Vergewaltigung Folgen hatte: Sie ist schwanger. Dies rettet sie vorübergehend aus den Klauen des Monsters. Doch sobald das Kind geboren ist, scheint Kristina vor den Anstrengungen einer jungen Mutter zu kapitulieren, ihr wird klar: „Das Monster wird bis ans Ende meiner Tage nicht verstummen. Und heute ruft es mich vor die Tür“ (S. 544). Das Buch ist von einer Betroffenen geschrieben, der Mutter eines von Crank abhängigen Mädchens, die das Kind ihrer Tochter inzwischen adoptiert hat. Sogwirkung geht von den freien Versen und ihrer Bildwirkung aus, jener Form, die die Autorin gewählt hat, um die Dialoge zwischen der Drogenabhängigen und ihrer Umwelt und ihre inneren Monologe messerscharf und unsentimental abzubilden. Der Leser fühlt sich rettungslos hineingezogen in diese Welt einer im Drogensumpf Ertrinkenden und kann das Buch nicht mehr weglegen. Seite um Seite hat es einen mehr im Griff und entwickelt eine hohe Intensität und Eigendynamik.
Didaktische Hinweise
Das Buch eignet sich für ein Einzelreferat im Rahmen einer Unterrichtssequenz über Drogen. Nachdem Fiktion und Realität hier Hand in Hand gehen, lässt sich sehr plastisch ein abschreckendes Einzelschicksal vorstellen, das für die Problematik des Drogenmissbrauchs Jugendlicher exemplarischen Charakter haben dürfte. Ohne Zweifel können auch einzelne Passagen, in denen Kristina über „das Monster“ philosophiert und schonungslos dessen lebensgefährliche Übermacht artikuliert, mit Gewinn in den Verlauf der Unterrichtseinheit eingebunden werden.
Gattung
- Romane
Eignung
in Auszügen geeignetAltersempfehlung
Jgst. 9 bis 12Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
- Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)
FÜZ
- Gesundheitsförderung
- Werteerziehung
- Soziales Lernen
Erscheinungsjahr
2010ISBN
9783551582300Umfang
544 SeitenMedien
- Buch