Anne-Laure Bondoux: Der Mörder weinte
Besprechung
Wer von Anne-Laure Bondoux „Die Zeit der Wunder“ (nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011) mag, diesen Roman über einen Jungen, dem die Flucht aus dem Kaukasus nach Frankreich gelungen ist, wird auch „Der Mörder weinte“ mögen. Ähnlich minimalistisch wie dort wird hier erzählt, ähnlich nüchtern wird die Handlung eher von außen beschrieben, ähnlich moralisch ist das, was hier erzählt wird. Nur der Handlungsort wechselt – zu einer Landschaft, die an Kargheit nicht zu überbieten ist: "Niemand kam zufällig hierher. Denn hier, im äußersten Süden Chiles, wo das Land in die kalten Wellen des Pazifiks ausfranst, war das Ende der Welt. Diese Gegend war so rau, trostlos und vom Wind gepeitscht, dass selbst die Steine zu leiden schienen" (S. 5). Angel, der Mörder, will sich hier zurückziehen. Dazu bringt er die Eltern von Paolo um, deren Hütte er nun bewohnen möchte. Auch Paolo will er zunächst töten, überlegt es sich aber anders und lässt sich nach und nach auf eine intensive Vater-Sohn-Beziehung zu dem Kind ein. Diese wird gefährdet, als Louis aufkreuzt, der mit den beiden zusammenzieht, Paolo das Lesen beibringt und damit zur Konkurrenz von Angel wird. Die drei arrangieren sich aber und ziehen schließlich in die Stadt, um die Erbschaft von Luis zu holen. Hier jedoch zerbricht die gefährdete Beziehung, als Luis eine Frau kennenlernt. Der Roman erzählt mit wenigen Worten nur das Notwendigste, trifft aber wie schon „Die Zeit der Wunder“ den Leser emotional ins Herz und zeigt auch gesellschaftspolitische Grundfragen auf nach den Möglichkeiten von Menschen, sich „gut“ zu verhalten. Damit ist er kein Krimi, sondern eher eine Parabel, was vielleicht bei Erwachsenen besser ankommt als bei Jugendlichen.
Didaktische Hinweise
Das Kammerspiel zwischen Paolo, Angel und Luis verlangt vom Leser die Bereitschaft, sich auf intensive Gefühle einzulassen. Auf jeden Fall ist das Buch nicht bereits für Zwölfjährige geeignet, wie die Verlagswerbung vorschlägt. Für dieses Lesealter ist seine Erzählweise zu reduziert. Für die 8. oder 9. Klasse kann man sich aber gut vorstellen, dass diese Herangehensweise in einer gemeinsamen Klassenlektüre auf Interesse stoßen kann. Vorteil ist auch, dass das Buch wenige Seiten hat. Besonders spannend wäre die Kooperation mit dem Religions- oder Ethik-Unterricht, denn hier könnten die im Buch aufgeworfenen moralischen Fragen vertieft besprochen werden. Natürlich ist es auch möglich, den Französischunterricht einzubeziehen, indem das französische Original gelesen wird, die Sprache ist einfach.
Gattung
- Romane
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 8 bis 9Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
Erscheinungsjahr
2014ISBN
9783551583093Umfang
192 SeitenMedien
- Buch