mobile Navigation Icon

Franzobel: Das Floß der Medusa

Besprechung

Am 2. Juli 1816 lief die französische Fregatte Medusa auf ihrem Weg in den Senegal auf der berüchtigten Arguin-Sandbank vor der Westküste Afrikas auf. Die Rettungsboote reichten nicht für alle, das hastig zusammengezimmerte Floß bot zunächst Rettung für 150 Menschen, 15 Tage später wurde es jedoch mit nur noch 15 ausgemergelten und traumatisierten Überlebenden geborgen. Auf dem Floß war es zu schrecklichen Szenen von Mord und Kannibalismus gekommen. Überliefert wurde dieser ungeheure Zivilisationsbruch durch das berühmte Gemälde von Géricault und die Aufzeichnungen des Schiffsarztes Jean-Baptiste Henri Savigny.

Franzobel erzählt dieses Vorkommnis als Geschichte eines massiven Versagens staatlicher und gesellschaftlicher Autoritäten: Schuld war der bourbonentreue Kapitän, unfähig und narzisstisch, der nur auf Grund politischer Verbindungen in diese Position gekommen war und auf die Einflüsterungen eines ebenso gewissenlosen und unfähigen Freundes gehört hatte. Nicht nur, dass er das Schiff sehenden Auges in die Katastrophe trieb, er ließ auch zu, dass nur die höheren Stände Platz in den Rettungsbooten fanden. Die einfachen Seeleute, schon vorher unterdrückt, elend untergebracht und verpflegt, wegen kleiner Vergehen grausam bestraft, ertranken mehrheitlich.

Der Romane ist mit beißendem Sarkasmus, großer (manchmal schwer erträglicher) Anschaulichkeit, genauer Kenntnis der Quellen und frappierend umfangreichem seemännischen Wissen geschrieben. Immer wieder gibt es überraschende Anmerkungen des auktorialen Erzählers, der auch ganz aktuelle Querverbindungen zieht (z. B. fragt er, welcher Schauspieler heute bei einem Film über das Geschehen die eine oder andere Rolle spielen könnte).

Didaktische Hinweise

Das Buch ist einerseits informativ, andererseits kritisch gegenüber den Tätern und voller Mitgefühl für die Opfer. Der Ton ist durchaus drastisch, schon auch reißerisch, aber auf jeden Fall ein Lesetipp für junge, wohl gerade auch männliche Leser.

Alle hier rezensierten Werke von Franzobel

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783552058163

Umfang

592 Seiten

Medien

  • Buch