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Walter Veltroni: Die Entdeckung des Sonnenaufgangs

Besprechung

Wahrheit in fremden Leben suchen – darin sieht der Archivar Giovanni Astegno, der Tagebücher sammelt und katalogisiert, seine Aufgabe. In einem ungewöhnlich heißen August, als er in der Morgendämmerung auf den Sonnenaufgang wartet, denkt er über sein Leben nach. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das acht Jahre jüngere Mädchen Stella ist ein Down-Kind. Seine Frau hatte mit 40 Jahren noch ein Kind gewollt. Über der Belastung ist ihre Ehe verstummt. Bruder Lorenzo, zum Erzählzeitpunkt zwanzig, der zurückgezogen und in seine Calvino-Lektüre vertieft in der elterlichen Wohnung lebt, kümmert sich liebevoll um seine ungewöhnliche Schwester. In diesem Sommer hatte er sich vor der Verpflichtung gesehen, ein Versprechen einzulösen: mit Stella an die Schauplätze des Films „Is was, Doc“ in San Francisco zu fahren. Giovannis Frau fährt ihnen nach, als Lorenzo merkt, dass er sich übernommen hat und mit seiner Schwester nicht mehr zurecht kommt.

Giovanni selbst bleibt in Rom zurück und denkt weiter nach, phantasiert und fährt in ein verlassenes Ferienhaus, in dem er als Kind viel Zeit verbracht hatte. Dort spielt er mit einem stillgelegten Telefon und hat plötzlich einen kleinen Jungen am Apparat. Er spricht mit sich selbst als kleiner Junge, in den Tagen Mitte März, genau ein Jahr vor der Entführung Aldo Moros, als sein Vater, ein Professor für Architektur, der nach dem Terror-Tod seines besten Freundes gerade dessen Stelle als Dekan übernommen hatte, von einer Stunde auf die andere verschwand. Die imaginierte Reise in die Vergangenheit verbindet sich mit der realen Spurensuche, die schließlich zu einem überraschenden Schluss führt. Nun hat er sein wirkliches Leben gefunden.

Der Romane des früheren Bürgermeisters von Rom (bis 2008) und unterlegenen Kandidaten der Linken bei den Parlamentswahlen 2008 zeichnet mit Mitteln der Psychoanalyse ein Bild der siebziger Jahre Italiens und des Terrors der „Brigate Rosse“. Das Motto ist Schnitzlers „Traumnovelle“ entnommen.

Didaktische Hinweise

Für die Behandlung im Unterricht gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte und Themen: die literarischen Anspielungen, Schnitzler und Calvino, den historischen Hintergrund der siebziger Jahre in Italien, die Erzählstränge, real und phantasiert, und die psychoanalytische Deutung der Familiengeschichte. Das Buch ist ein Romane, keine Autobiographie, aber die Biographie des in den eigenen Reihen nicht unumstrittenen Politikers im Hinblick auf den Romane zu untersuchen, wäre reizvoll und führte denn auch in die Realitäten unseres südlichen Nachbarn. Die fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ sowie „Sprachliche Bildung“ lassen sich durch dieses Buch thematisieren.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 12

Fächer

  • Deutsch
  • Psychologie

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783608937046

Umfang

155 Seiten

Medien

  • Buch