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Brigitte Jünger: Der Mantel

Besprechung

Ein Gegenstand erzählt von der Judenverfolgung und ihren Folgen bis in die Gegenwart

Fanette ist 14 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter in Paris. Sie hat sich mit dem 95jährigen jüdischen Nachbarn Aron Schatz angefreundet und beginnt, sich für die Geschichte seiner Familie zu interessieren. Aron erzählt von seinen Verwandten Susi und Wolfgang Stock, die eines Tages verschwunden waren. Ihre Mutter hatte sich beim Schneider Johnen in Stommeln bei Köln einen Mantel anfertigen lassen, den sie zur angeblichen „Umsiedlung“ in den Osten nicht mitnehmen wollte und nie abholen konnte, weil sie kurz nach der Deportation umkam. Die Familie des Schneiders hat den Mantel sorgsam aufbewahrt und symbolisch steht er für eine nicht verstummende Erinnerung. Fanettes Interesse weckt in Aron Gedanken an die Vergangenheit, die er aber nur spärlich mittzuteilen bereit ist. Da kommt Fanette ein kurzer Auslandsaufenthalt in Deutschland zurecht, den ihre Schule anbietet. Sie wählt eine Gastfamilie im Heimatort der Stocks aus, die sie sehr herzlich aufnimmt und bei der Nachforschung unterstützt. Fanettes Freund Mamouche, aus einem Vorort von Paris, kümmert sich inzwischen um den immer schwächer werdenden Aron. Fanette trifft zwei Zeitzeuginnen und besucht eine Synagoge in Köln und einen jüdischen Friedhof. Ihr Aufenthalt endet abrupt, als Manouche sie abholt, da Aron gestorben ist. In einem bebilderten Nachwort berichtet die Autorin von den realen Personen, auf denen der Roman beruht. Aron, Fanette und Mamouche sind erfunden und bilden die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart. Das wirkt etwas konstruiert, die Erzählperspektive der sich erinnernden Personen, kursiv gesetzt, ist sprachlich holprig vor allem wenn diese mit vielen Futur-Konjunktiv „würde“-Formen aus einem fiktiven Jenseits von der Vergangenheit erzählen und in eine Zukunft blicken, die sie nicht mehr erleben durften. Auch werden den 14-jährigen wenig altersgemäße Gegenwartsdiagnosen zugeschrieben. Andererseits machen plastische Schilderungen der Opfer, denen eine Identität zugeschrieben wurde, die sie zur Verfolgung freigab (Schilder mit der Aufschrift „Für Hunde und Juden verboten“ tauchen plötzlich auf), und die bis zuletzt hofften, es handle sich tatsächlich „nur“ um eine Umsiedlung, die Vergangenheit für Jugendliche zugänglich.

Didaktische Hinweise

Der Nachteil einer stark didaktisierten Geschichte beinhaltet den Vorteil, dass eine Fülle von Anlässen für weitere Nachforschungen und Diskussionen enthalten sind. Von der Nazizeit bis in die Gegenwart Frankreichs und Deutschlands, von der Geschichte der Shoah bis zu den Aufständen in den Pariser „banlieues“ und dem Aufkommen rechtsradikaler Parteien wird alles angesprochen und erörtert.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte

FÜZ

  • Interkulturelle Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2019

ISBN

9783702659325

Umfang

203 Seiten

Medien

  • Buch