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Michel Houellebecq: Serotonin

Besprechung

Ein Angestellter des Landwirtschaftsministeriums verabschiedet sich aus seinem Leben. Eine „kleine weiße, ovale, teilbare Tablette“ eines Antidepressivums steht am Beginn und am Ende des Romans. Dazwischen zieht der 46 Jahre alte Ich-Erzähler, Agraringenieur und im Ministerium mit der Umsetzung von EU-Richtlinien befasst und mit dem lächerlichen Vornamen Florent-Claude behaftet, unbarmherzig Bilanz seines erbärmlichen Lebens, das er mit den kleinen Pillen zu bewältigen versucht, die ihm die Libido rauben. In der Erzählgegenwart kehrt er mit seiner derzeitigen Frau, der Japanerin Yuzu, vorzeitig aus einem Spanienurlaub in die luxuriöse Pariser Wohnung zurück. Dort beschließt er, aus seinem Leben zu verschwinden. Ohne Yuzu zu informieren, kündigt er Arbeitsstelle und Wohnung und mietet sich in einem Hotel ein. In der Einsamkeit des Hotellebens lässt er sein Leben und die Frauen, die er unglücklich gemacht hat, an sich vorüber ziehen. Seinen einzigen Freund, Ayméric, Abkömmling einer Adelsfamilie und Liebhaber von Gras und Pop-Musik, hatte er an der Landwirtschaftlichen Hochschule getroffen. Statt Karriere zu machen, wie man von ihm erwartete, hatte Ayméric einen landwirtschaftlichen Betrieb am Ärmelkanal, der zu einem Schloss seiner Familie gehörte, zu einem Biobauernhof ausgebaut, wo Florent ihn besucht und in schwieriger Lage vorgefunden hatte. Um das Anwesen zu erhalten, versuchte seine Frau, ein Hotel zu eröffnen, da die Biolandwirtschaft nicht genug abwarf. Immer wieder verkaufte Ayméric Parzellen des Besitzes an ausländische Investoren, da es sich die Landwirte der Region nicht leisten können. Weil Florent die Festtage zum Jahresende nicht im Hotel verbringen will, fährt er wieder in die Normandie. Er mietet sich ein Haus am Meer, begegnet einem dubiosen deutschen Ornithologen, der sich als übler Kinderschänder entpuppt, und besucht Ayméric, der den Verlust von Frau und Kindern, die inzwischen in London leben, und die drohende Insolvenz seiner Landwirtschaft in Alkohol ertränkt und sich bewaffnet mit anderen Landwirten auf den Straßen gegen die polnischen Lastautos stellt, um gegen den Import von Billigprodukten zu protestieren. Den Höhepunkt des Protests verfolgt Florent im Fernsehen. Eingekesselt von Polizisten, erschießt sich Ayméric vor laufenden Kameras, was eine Schießerei auslöst, bei der zehn Bauern und ein Bereitschaftspolizist getötet werden. Florent kehrt nach Paris zurück, sitzt wieder in seinem Hotelzimmer vor dem Fernseher, zieht noch in ein Appartement, weil das Hotel auf Nichtraucher umstellt, sieht sein Bankkonto schwinden und plant den Tod durch Sturz aus dem Fenster. Houellebec wird Hellsichtigkeit nachgesagt. In der Tat glaubt man, die Demonstrationen der „Gilets jaunes“ vorweggenommen. Was wie eine traurige Geschichte der Liebe beginnt, geht immer mehr in eine sehr genau beobachtende Darstellung der gesellschaftlichen und politischen Situation Frankreichs und ganz Europas über.

Didaktische Hinweise

Die Hintergründe des Romans, die Situation der Landwirtschaft im einstigen Agrarland Frankreich, die Rolle von Firmen wie Danone und Monsanto und die Bewegung der „Gilets jaunes“, sind Thema im Französischunterricht. Vergleiche mit anderen Romanen des Autors, zum Beispiel „Soumission“, „Unterwerfung“, und deren Protagonisten liegen nahe. Welches Menschenbild zeichnet der Autor, sind es wirklich die „Erbärmlichen“ (S. 335), für die sich das Opfer Christi eigentlich nicht gelohnt hat? Die Frage, ob Houellebecq einer rechten Ideologie das Wort redet, ist immer noch nicht beantwortet.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Französisch

FÜZ

  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2019

ISBN

9783832183882

Umfang

335 Seiten

Medien

  • Buch