Jakob Wegelius: Sally Jones - Mord ohne Leiche

Besprechung

Sie ist ihrem Chief Henry Koskela auf dem Frachtschiff Hudson Queen eine hervorragende Maschinistin, sie schreibt auf einer wiederinstandgesetzten alten Schreibmaschine die Geschichte des Mords ohne Leiche auf, sie spielt hervorragend Schach und sie ist eine Gorilladame – Sally Jones, die Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin. Dank ihrer Aufzeichnungen nimmt der Leser an einer Abenteuergeschichte teil, die ihresgleichen sucht und sich zum Krimi entwickelt. Aber der Reihe nach: Sally Jones ist als junges Gorillamädchen zu den Menschen gekommen, hat viele bittere Erfahrungen machen müssen und hat – zu Beginn des 20. Jahrhunderts - beim Seemann Henry Koskela ihren Frieden gefunden. Die beiden sind mit ihrem gemeinsamen Leben auf der Hudson Queen rundum zufrieden. Dann aber geht einiges schief, und am Ende aller kleinen Katastrophen steht die große: Henry Koskela wird wegen Mordes an Alphonse Morro zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Nun ist Sally wieder ganz auf sich gestellt und wild entschlossen, alles zu tun, um den Chief aus dem Gefängnis zu holen. Dabei hat sie Glück im Unglück, denn die herzenswarme und bescheidene Fado-Sängerin Ana Molina und der Instrumentenbauer Luigi Fidardo nehmen sich ihrer an. Weil Alphonse Morro aber unbedingt lebend gefunden werden muss, um die Unschuld des Chiefs beweisen zu können, macht Sally Jones sich auf die lange Reise von Lissabon nach Indien auf, wo sie schließlich auf den verwöhnten, aber nicht gänzlich unsympathischen Maharadscha von Bhapur trifft, für den sie sowas wie eine Vertraute wird. Bis alle Handlungsfäden entwirrt sind, muss Sally Jones noch jede Menge Gefahren bestehen, aber am Ende kehrt sie nach Lissabon zurück und darf erleben, dass sich die Reise gelohnt hat.

Wer am Anfang befremdet ist ob der tierischen Hauptprotagonistin, wird schnell eines Besseren belehrt. Der schwedische Autor Jakob Wegelius lässt Sally Jones so anschaulich, sympathisch und frei von Klischees erzählen, dass der Leser - egal, ob klein oder groß - quasi an ihren Lippen hängt. Für alle Freunde des Abenteuerromanes und skurril-liebenswerter bis hinterhältig-böser Figuren eine wahre Lesewonne, bei der auch Wissen über die Geschichte Portugals und Indiens vermittelt wird. Das Multitalent Jakob Wegelius hat den Romane selbst illustriert. Auf den ersten Seiten des Buches gibt es ganzseitige Zeichnungen der Protagonisten und zu Beginn eines jeden Kapitels – 79 an der Zahl - halbseitige Illustrationen. Wunderbar hilfreich und ansprechend auch die beiden Landkarten mit Reiserouten auf dem Vorsatzpapier zu Beginn und zum Ende des Buches, auf denen die Leser Sally Jones‘ Reisen und Abenteuer mitverfolgen können! Aufgrund des Umfangs Lesefutter für Viel- und Gerneleser. Lesemuffel werden von den 620 Seiten wohl eher abgeschreckt. Das Buch wurde von Gabriele Haefs aus dem Schwedischen übersetzt.