Paolo Rumiz: Der unendliche Faden
Besprechung
Im April 2017 machte sich der bekannte italienische Reisejournalist Paolo Rumiz mit seiner Partnerin auf den Weg nach Norcia, dem Geburtsort von Benedikt, dem Gründer des gleichnamigen Ordens. Was sie dort sahen, erinnerte sie an das vom Krieg zerstörte Syrien: Außer der Statue des Heiligen hat dort nur noch die Fassade der Basilika das Erdbeben 2016 überstanden. Für Rumiz ist das Bild Benedikts inmitten der Ruinen der zentrale Ausgangspunkt für seine Überlegungen. Die Sockelinschrift „Hl. Benedikt, Schutzpatron Europas“ erinnert ihn daran, dass die Benediktinermönche Europa nach dem Untergang des Römischen Reiches gerettet hatten. Und, so philosophiert er weiter, vielleicht gehe von diesem Heiligen die Botschaft aus, dass Europa wieder ins dunkle Mittelalter zurückgefallen war und erst eine Zeit der Zerstörung durchstehen muss, um zu seinen geistlichen Wurzeln zurückzufinden. Wie prophetisch diese Zeilen sind, wird vor dem Hintergrund des Erscheinungsdatums der deutschen Übersetzung mitten in der weltweiten Corona-Krise deutlich! Rumiz hatte bei der Abfassung seines Reiseberichts jedoch die italienische Populistenregierung und die Flüchtlingskrise vor Augen. Er schreibt: „Wenn der Tag der Sintflut kommt, denke ich, werden wir vielleicht wieder an dieses Häufchen mutiger Männer denken, das imstande war, in einer Welt der Angst, des urbanen Zerfalls (...) die Werte der Zivilisation hochzuhalten. Vielleicht werden wir uns erst später wieder auf die vergessenen Werte besinnen: Gastfreundschaft, Zuhören, Eifer, die Freude erledigter Arbeit, Gebet, Respekt vor der Natur.“ So macht sich Rumiz auf, um 15 benediktinische Klöster in ganz Europa aufzusuchen. Er nennt sie „Widerstandsnester“, die ihr altes Netzwerk wieder deutlicher machen sollten. Sie leisten Widerstand gegen eine Globalisierung der Gleichgültigkeit und des Konsums, gegen die Xenophobie. Der Journalist macht sich auf den Weg und entwirft zarte Portraits von Klöstern, die vorleben, wie Gemeinschaft neu entdeckt werden kann. Ganz nebenbei stellt er den heiligen Benedikt als Menschenkenner und seine revolutionäre Regel vor (Humanisierung der Arbeit und menschliche Beziehung als Lob Gottes), die demokratische Unordnung der Klöster, die sich dem römischen Zentralismus entziehen, die weibliche Seite Benedikts im Benediktinerinnenkloster Viboldone u.s.w. Dieses Licht, das er in der Besinnung auf die benediktinischen Tugenden erkennt, möchte er der aktuellen Dunkelheit entgegensetzen.
Didaktische Hinweise
Der Reiseführer bietet eine ungewöhnlich aktuelle Annäherung an den Heiligen Benedikt und seine Gemeinschaft. Rumiz nimmt den Leser mit auf seine Reise durch das christliche Europa und spinnt dabei einen unsichtbaren Faden, der nicht abreißt. Geeignet ist das Buch als Grundlage für ein Referat zum Thema oder für die Schulbibliothek.
Gattung
- Sachbücher
Sachbuchkategorie
- Biografien, Autobiografien, Porträts
- Geschichte, Archäologie
- Philosophie, Religion, Menschsein
- andere Länder & Kulturen, Reisen, Abenteuer
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 11 bis 13Fächer
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Werteerziehung
- Kulturelle Bildung
- Interkulturelle Bildung
Erscheinungsjahr
2020ISBN
9783852568058Umfang
240 SeitenMedien
- Buch
- E-Book