George Eliot: Silas Marner. Der Weber von Raveloe
Besprechung
Das Leben eines Leinewebers in England Anfang des 19. Jahrhunderts wendet sich nach unüberwindbar scheinenden Schicksalsschlägen zum Guten.
1861 erschien Silas Marner zum ersten Mal, 1878 die Ausgabe letzter Hand, auf die sich die Penguin-Ausgabe stützt, die Elke Link und Sabine Roth übersetzt (lesenswert ist ihre „Nachbemerkung”) und für diese Neuausgabe, die dem 200. Geburtstag der unter Pseudonym schreibenden Autorin Marian Evans am 22. November 2019 vorausgeschickt wurde, durchgesehen haben. Der kurze Roman erzählt die Geschichte des Leinewebers Sils Marner, der durch Betrug seine Ehre und seine Verlobte verlor und sein Heimatstädtchen und die calvinistische Sekte, der Kirche von Lantern Yard, in der er angesehen und fest eingebunden war, verlassen musste. Die Erzählung setzt 15 Jahre später ein. Silas Marner wohnt in einem Häuschen am Rande Raveloes, einem kleinen Dorf mit Großgrundbesitzer und Dorfpub, arbeitet emsig, wird von den Dorfbewohnern leicht befremdet angesehen, da er unter unerklärlichen Absencen leidet und sich mit Heilkräutern auskennt. Abgesehen von seiner Arbeit und dem Verkauf seines feinen Leinens meidet er die Menschen. Seine einzige Freude ist der wachsende Schatz von Goldmünzen, den er sich erarbeitet und abends aus einem Versteck unter den Bodenplanken seiner Stube holt. Eines Tages wird ihm dieser von dem ungeratenen der beiden Söhne des Grundbesitzers und Squires gestohlen, der damit verschwindet. Silas' Entsetzen ist so groß, dass er sich zum ersten Mal den Bewohnern des Dorfes öffnet und Hilfe sucht. Das Geld bleibt jedoch verschwunden und Silas Marner geht seiner Arbeit nach, nur jetzt ganz ohne Freude. Godfrey, der andere Sohn des Squire, möchte die hübsche Nancy heiraten, die sich wegen der Gerüchte über seinen Lebenswandel von ihm losgesagt hat. Bei einem Fest zu Silvester auf dem Gut des Squire kommen die beiden einander wieder näher. Gleichzeitig kämpft sich eine Frau Godfreys mit ihrem Kind durch die Kälte zum Gutshof. Es ist die Frau, die Godfrey geheiratet und mit einem Kind sitzen gelassen hat. Sie erreicht das Gut nicht, da sie sich mit Opium betäubt und stirbt. Das Kind, ein blondgelocktes kleines Mädchen, läuft allein ein paar Schritte und findet die Tür zu Silas Marners Hüte offen, legt sich vor den Ofen und schläft ein. Silas findet sie bei seiner Rückkehr, sieht das Kind als Ausgleich für seinen verlorenen Schatz und behält sie bei sich. Er gibt ihr den Namen Eppie nennt und erzieht sie mit großer Liebe und Zuwendung bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Eine neuerliche Wende droht, als der Bruder Godfreys tot in einer Kiesgrube des Ortes gefunden wird. Silas erhält sein Gold zurück, aber der in kinderloser Ehe mit Nancy verheiratete Godfroy gesteht nun seine Jugendverfehlung und möchte Eppie in seine reiche Familie aufnehmen und adoptieren. Silas sieht sein Lebensglück wieder dahingehen, als Eppie das Ansehen von sich weist. Sie bleibt bei Silas und verzichtet auf den sozialen Aufstieg. Nach einem Besuch seiner Heimatstadt, die er nach 30 Jahren nicht mehr wieder erkennt, da die Industrialisierung Einzug gehalten hat und die kleine Sektenkirche verschwunden ist, kehrt Silas nach Raveloe zurück, in der Gewissheit, dort seine wirkliche Heimat gefunden zu haben.
Didaktische Hinweise
Ein Vergleich mit einem Roman von Thomas Hardy oder Jane Austen wäre hilfreich, die Autorin war eine Übersetzerin und Kennerin deutscher Religionskritiker und es bestehen Ähnlichkeiten zu Gottfried Keller und Adalbert Stifter. Die naturalistische Zeichnung der Dörfler und ihrer einfachen Denkungsart erinnern an Charles Dickens. Das Nachwort gibt Hinweise auf die Biographie der erstaunlich modern wirkenden Autorin, die sich nicht zufällig hinter einem männlichen Pseudonym versteckte. Ein Vergleich mit dem englischen Original zeigt die Kunstfertigkeit, mit der die dialektgefärbte Sprache der bäuerlichen Bevölkerung ins Deutsche übertragen wurde. Es gibt seit August 2019 eine Taschenbuchausgabe. George Eliots Roman „Middlemarch“ ist gerade bei Rowohlt neu übersetzt von Melanie Walz erschienen.
Gattung
- Romane
Eignung
sehr gut als Klassenlektüre geeignet und zum VorlesenAltersempfehlung
Jgst. 8 bis 13Fächer
- Deutsch
- Englisch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2018ISBN
9783869139029Umfang
239 SeitenMedien
- Buch