Helmut Lethen: Die Staatsräte

Besprechung

Bei Helmuth Lethens Buch mit dem Titel „Die Staatsanwälte“ handelt es sich um eine Mischung aus Fiktion und Fakten. Im Mittelpunkt von Helmuth Lethens Betrachtungen stehen fingierte Zusammenkünfte und Gespräche des Dirigenten Wilhelm Furtwängler, des Arzt Ferdinand Sauerbruch, des Staatsrechtlers Carl Schmitt und des Theaterintendanten Gustav Gründgens – Männer, die zur kulturellen Elite im Dritten Reich gehörten und die von Hermann Göring mit dem Ehrentitel „Preußischer Staatsrat“ ausgezeichnet worden sind. Alle vier blieben während der Nazi-Zeit in Deutschland und wurden zu Aushängeschildern des Regimes; ihr Rang ist bis heute unbestritten. Auch wenn sich die vier Männer in der Realität nie getroffen haben, dienen Lethen die von ihm erfundenen fiktiven Zusammenkünfte als ein Mittel der historischen Verdichtung. In den von Lethen imaginiert sieben Herrenabenden zwischen 1936 und 1963, an denen Furtwängler, Gründgens, Sauerbruch und Schmitt miteinander plaudern, zuletzt sogar die Geister zweier Toter mit den Überlebenden Schmitt und Gründgens wird deutlich, dass im Dritten Reich niemand ein hohes Amt bekleiden und gleichzeitig ernsthaft Opposition gegen die Nazis betreiben konnte. Carl Schmitt, der brillante Jurist und Staatsrechtler, half den Nazis, die Verfassung systematisch auszuhöhlen; der große Dirigent und Komponist Wilhelm Furtwängler berief sich auf die Immunität einer „reinen“ Musik; der schillernde Schauspieler Gustaf Gründgens wäre ohne die Protektion Hermann Görings verloren gewesen und auch der berühmte Chirurg Ferdinand Sauerbruch, galt als unantastbar, obwohl sich in seinem Haus die Attentäter des 20. Juli trafen.