Marcelo Pimentel: Eine Geschichte ohne Ende. Ein Bilderbuch aus Brasilien
Besprechung
Baobab, der Affenbrotbaum, ist in Afrika Treffpunkt für Menschen, die in seinem Schatten Geschichten hören und erzählen möchten. Die Fachstelle zur Förderung der kulturellen Vielfalt in der Kinder- und Jugendliteratur hat diesen Namen übernommen und publiziert in der Reihe Baobab Books Werke aus Afrika, Asien und Lateinamerika vom Bilderbuch bis zum Jugendroman. Ein besonderes Bilderbuch, das die Jury der Leipziger Buchmesse dazu bewogen hat, es in die Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 aufzunehmen, ist das Pappbuch „Eine Geschichte ohne Ende“ des in Rio de Janeiro geborenen Illustrators und Autors Marcelo Pimentel. Besonders ist bereits die Aufmachung dieses griffigen, unverwüstlich erscheinenden Bilderbuchs: Die 20 Buchseiten wurden auf hundertprozentigem Altpapier-Karton gedruckt, die verwendeten Farben sind rein pflanzlichen Ursprungs. Besonders ist auch der Inhalt, eine Geschichte, die ohne Worte auskommt und sich dem „Leser“ durch intensives Betrachten immer neu erschließt. Wie in einem Schattenspiel ziehen die Tiere des Urwalds in Reih und Glied vorüber, bis sie unter dem Affenbrotbaum die Hand des Curupira berühren, jenes geheimnisvollen Wesens mit nach hinten zeigenden Füßen, das Farbe ins Spiel bringt. Es hat einen Topf roter Farbe neben sich und verziert Fell, Panzer, Borstenpracht oder Gefieder des jeweiligen Tiers mit Mustern, was diese offenbar mit überraschtem Erstaunen aufnehmen. Doch das farbig-bunte Kleid ist nicht von Bestand. Dicke Regenwolken ergießen sich über die Tiere und waschen zum Entsetzen von Schildkröte, Schlange, Ameisenbär, Affe, Kolibri, Krokodil und anderem Getier alles wieder ab. Die letzte Seite zeigt den gewitzten Affen, der durch die ausgestanzte Öffnung des Baumes lugt. Und dabei wird deutlich: Wer den Sprung durch dieses Loch wagt, befindet sich wieder am Anfang der Geschichte, kann abermals den Spaziergang der Tiere durch den Urwald begleiten und wird somit Teil des großen Kreislaufs vom Werden und Vergehen. Pimentel ist mit seinen einfachen Figuren, die indigenen Höhlenmalereien nachempfunden sind, ihrer Komposition und dem intelligenten Einsatz der Farbe Rot und mit einfachen Mustern das gelungen, was er anstrebt: Seine Bildergeschichte regt die Fantasie an. Der Betrachter beginnt im Stillen das Fabulieren, seine inneren Texte begleiten die Tierkarawane. Bald meint man, jedes Tier erzähle seine eigene Geschichte. Das Betrachten der Bilder mit einem Kleinkind kann so unversehens zu einer „Geschichte ohne Ende“ werden, wie sie sich der Autor erdacht hat.
Didaktische Hinweise
Das Pappbuch verlangt genaues Betrachten und Beobachten und legt nahe, zu jeder der Figuren eine eigene Geschichte zu ersinnen. Zuhören und gegenseitiges Erzählen wird so zum besonderen Erlebnis.
Gattung
- Bilderbücher
Eignung
für die Schulbibliothek empfohlenAltersempfehlung
Jgst. 1 bis 2Fächer
- Deutsch
Erscheinungsjahr
2015ISBN
9783905804645Umfang
20 SeitenMedien
- Buch