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Eymard Toledo: Onkel Flores

Besprechung

Mit dem von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach als Klimabuch Juni 2016 empfohlenen Titel „Onkel Flores“ der Autorin und Illustratorin Eymard Toledo begegnet uns ein Stück aktueller Sozialgeschichte und fast so etwas wie ein ökologisches Zeitdokument Brasiliens. Schauplatz ist Pinbauê, eine kleine Stadt im Bundesstaat Minas Gerais, deren Erz- und Eisenvorkommen der Region viele Fabriken und Minen und damit Arbeitsplätze bescherten. Die andere Seite der zunehmenden Industrialisierung sind die bedrohlichen Schäden an Umwelt und Natur. Der Junge Edinho, der bei seinem Onkel Flores, dem Schneider, in Pinbauê am Ufer des Sao Francisco, des längsten Flusses Brasiliens, aufwächst, erlebt diese Entwicklung hautnah mit. Sein Onkel ist eine Fundgrube für Geschichten von früher, als das Dorf noch ein idyllischer Ort war, in dem Fischer von ihrem Fang leben konnten und die Frauen die Wäsche im sauberen Fluss wuschen. Er selbst fertigte bunte Sonntagskleider und Karnevalskostüme für die Bewohner, bis eines Tages der Einzug der Industrie anderes verlangte: Graue Arbeitsanzüge zu schneidern, das ist nun sein täglich Brot. Das hat ein Ende, als der Fabrikbesitzer beschließt, die Fertigung kostengünstiger im Ausland vornehmen zu lassen. Damit scheint Onkel Flores vor dem Ruin zu stehen, doch sein gewitzter Neffe Edinho, Ich-Erzähler der Geschichte, weiß Rat. Er ermuntert den Onkel bunte Vorhänge für die grauen Häuser der Bewohner Pinbauês zu schneidern. Und diese Geschäftsidee ist ein voller Erfolg: Bald wollen die Menschen auch schöne Kleider für festliche Anlässe haben, wie es sie in Brasilien zuhauf gibt. Und so wird Onkel Flores’ Haus kommunikativer Treffpunkt für die Bewohner, die nicht nur Schlange stehen, um eine Bestellung aufzugeben, sondern sich zu einem Kaffeeplausch zusammenfinden. Das Schicksal der Menschen hat eine glückliche Wendung genommen und so fügt sich die Perspektive, dass Edinho nun seinerseits Schneider geworden ist und den alternden Onkel Flores unterstützt, trefflich ins Schlussbild.

In einem Nachwort fasst die Autorin die brasilianische Lebens- und Wesensart zusammen: „O futuro é agora – Die Zukunft ist jetzt. Man macht sich nicht so viele Gedanken über morgen. Vielleicht kommt davon die brasilianische Leichtigkeit, die in der ganzen Welt bekannt ist.“ In dieser „ziemlich wahren Geschichte aus Brasilien“, so der Untertitel des Kinderbuchs, gewinnen Menschen ihre Fröhlichkeit zurück, indem sie Problemlösungen ersinnen, die für den momentanen Missstand Abhilfe versprechen. Edinhos Idee trifft hier genau ins Schwarze: Selbst wenn sie an der drohenden ökologischen Katastrophe nichts ändert, bringt sie Farbe und damit fröhliche Unbeschwertheit in das graue Alltagsleben der Bewohner zurück, eindrucksvoll illustriert von der Autorin persönlich. Ein Mutmach-Buch mit grundlegenden Einblicken in die brasilianische Volksseele!

Didaktische Hinweise

Durch die dialogische Grundstruktur der Geschichte bietet sich eine Aufarbeitung im Rollenspiel förmlich an. Zudem lässt sich die Lebenssituation der handelnden Personen auf Grundlage des Textes herausarbeiten. Eine angeleitete Internetrecherche, z. B. im Heimat- und Sachkundeunterricht, vertieft die Sachkompetenz der Kinder und vermittelt Faktenwissen über die ökologische Situation Brasiliens.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 1 bis 3

Fächer

  • Deutsch
  • HSU

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783905804720

Umfang

32 Seiten

Medien

  • Buch