Beqe Cufaj: project@party
Besprechung
Das Buch spielt in einem vom Krieg zerstörten Land „dort unten“, das nicht näher bezeichnet wird. Es könnte sich um Bosnien oder den Kosovo handeln oder auch ein anderes Land, in dem die UN Hilfsprojekte unterhalten. Ein deutscher Professor lässt Deutschland und eine trostlose Familiensituation hinter sich, um beim Aufbau des Landes zu helfen. Diese Mission soll seinem Leben wieder Sinn und neue Anstöße geben. Der Ich-Erzähler äußert sich entlarvend ehrlich über seine Unbedarftheit, seine Einsamkeit, seine Wünsche und seine Beobachtungen. Konfrontiert mit einer gigantischen Bürokratie muss er zunächst einige Unbequemlichkeiten, kleinere Demütigungen und Hindernisse überwinden und fühlt sich enttäuscht und fehl am Platze. Dann lernt er die anderen Helfer kennen, bekommt eine Wohnung und feiert mit den anderen, die tags ihre Projekte verfolgen, nachts lärmende Partys feiern. Man überträgt ihm den Aufbau des Bildungswesens und er wird mit überraschend viel Macht und finanziellen Mitteln ausgestattet. Die Hilfsmaßnahmen laufen aber nur beliebig, unstrukturiert, planlos und zufällig an. Es fehlt an Information, Tatkraft, Zusammenarbeit. Echte Kontakte zu Einheimischen gibt es nicht, mit Ausnahme von Chauffeur und Dolmetscher wirken die Menschen distanziert bis feindselig, bei offiziellen Kontakten unterwürfig. Der Autor schafft es in dem schmalen Buch, nicht nur einen haltlosen und schwachen, wenn auch nicht unbedingt unsympathischen Charakter zu zeichnen und gleichsam nebenher durch die naiv-entlarvenden Beobachtungen der Hauptfigur das ganze Elend „dort unten“ aufzuzeigen: Die Stadt wirkt mit ihren Plattenbauten trostlos, die Menschen sind grau und hoffnungslos, eine Infrastruktur gibt es nicht, Gewaltausbrüche liegen in der Luft, noch sind die Opfer der Massaker nicht identifiziert. Die fremden Hilfskräfte stoßen die Bevölkerung vor den Kopf, weil sie zu wenig Wissen über und auch nicht genügend Respekt vor der fremden Kultur haben. Ihr als frivol empfundenes Parallelleben muss die Einheimischen gegen sie aufbringen. Als Typus des Helfers beobachtet der Dolmetscher zutreffend den Idealisten, Abenteurer und Karrieristen, wobei jeder Typus eigene Gefahren birgt. Das Buch ist unbedingt zu empfehlen - als Leseangebot, als Lektüre im Unterricht, als Thema für Referate und Projekte.
Didaktische Hinweise
Bearbeitungsvorschläge: - Inwiefern gibt es in dem Buch zwei (natürlich eng miteinander verbundene Erzählstränge)? (Literarische Darstellung eines Menschen in einer Lebenskrise und scharfe Kritik völlig unzureichender Maßnahmen) - Informieren Sie sich über UN-Hilfs- und Aufbauprojekte. - Stellen Sie dar, wie dieser Romane das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit darstellt und kritisiert.- Welche Rolle spielt die Lebensgeschichte des Dolmetschers? (Migrantenschicksal, Hoffnungslosigkeit, Teufelskreis) - Beurteilen Sie, ob das Versagen dieser Hilfe an Persönlichkeiten wie der des Professors liegt oder im System angelegt ist. - Inwiefern verhalten sich die beschriebenen Helfer wie die Vertreter eines neuen Kolonialismus? FÜEZ: Toleranz, Empathiefähigkeit
Gattung
- Romane
Eignung
als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
- Sozialkunde/Politik und Gesellschaft
Erscheinungsjahr
2012ISBN
9783905951172Umfang
142 SeitenMedien
- Buch