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Sebastian Barry: Gentleman auf Zeit

Besprechung

Sebastian Barry erzählt die einigermaßen traurige Geschichte eines Iren, Jack McNulty, der fernab von seiner Heimat in einem ehemaligen Teil Britisch-Afrikas Ende der 50’er Jahre über sein Leben und seine Versäumnisse nachdenkt. Daraus entsteht eine Erzählung, die parallel geschaltet ist: Einerseits wird die Geschichte von Jacks Ehe und Familie in Rückblenden wiedergegeben und andererseits sein Leben in Accra vorgestellt. Dabei werden erst im Laufe der Geschichte die Zusammenhänge zwischen den beiden Erzählsträngen stückchenweise aufgeklärt. Im Rückblick wird seine große Liebe zu Mai dargestellt („Für mich war sie das bedeutendste Individuum, dem ich ja begegnet war“). Er begegnete ihr an der Universität und verliebte sich in ihren Lebenshunger, ihre Lebensfreude und in ihre Entschiedenheit. Es war jedoch ihr Vater, der sie vor Jack, dem Trinker, warnte. Nach dem überraschenden Tod ihrer Eltern machte Jack ihr zwar einen Heiratsantrag, doch eine Panikattacke macht ihren instabilen Charakter deutlich. Ablenkung erfährt das junge Paar in Afrika im Dienst der britischen Kolonialherren. Dort blüht Mai auf und kann eigene Ideen verfolgen. Mit ihrer ersten Schwangerschaft verändert sich vor allem Mais Leben: Während sie alleine in Irland das Kind auf die Welt bringt, mit Babyblues und Stillproblemen kämpft, frönt Jack alleine in der Ferne seinen alten Lastern, dem Trinken und den Pferdewetten. Obwohl er sie liebt, kann er nicht aus seinen zerstörerischen Gewohnheiten ausbrechen und ruiniert damit weniger sich als seine Familie. Als ihr Elternhaus aufgrund von Jack geheim gehaltenen Spielschulden an die Bank geht, zerbricht Mai. „Lieber Nebel als aufklarendes Wetter“: Nach diesem Lebensmotto bleibt er in einer vom Alkohol vernebelten Weltsicht gefangen und will nichts von Mais schwerer Depression wissen. Nach einem retardierenden Moment in der Handlung führt der Weg der beiden unaufhaltsam in die Katastrophe: Auch Mai wird aus Verzweiflung zur Säuferin, verprügelt die Kinder, muss mit einer Totgeburt zurechtkommen und bleibt dabei bis auf kurze Besuche Jacks alleine, denn dieser meldete sich im Zweiten Weltkrieg zum Dienst an der Waffe. Erst Jahre später, nach schrecklichen Alkoholexzessen der beiden, kommen die beiden zu einem Punkt, an dem sie ihr Versagen erkennen und sich beichten: Im Moment des Todes seiner Ehefrau erkennt er (viel zu spät) seine Schuld.

Didaktische Hinweise

Interessant ist bei dieser Erzählung der Aufbau mit den beiden Zeitschienen. Dazu kommt noch eine Erzählung von Jacks Diener Tom, der als Spiegelfigur zu Jack verstanden werden kann. Im Unterricht könnte man die historischen Hintergründe beleuchten:

  • Unabhängigkeitskrieg in Irland
  • Verhältnis zu Großbritannien während und nach dem Zweiten Weltkrieg
  • Rolle Englands in den Kolonien in der Nachkriegszeit etc.

Besonders gelobt werden muss die Übersetzung: Den beiden Übersetzern ist eine gefühlvolle und sprachlich herausragende Transformation gelungen. Wie sich Barry im Original anhört, kann man in einer Mini-Lesung auf der Verlagsseite anhören.

Alle hier rezensierten Werke von Sebastian Barry

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Englisch
  • Deutsch
  • Geschichte

FÜZ

  • Interkulturelle Bildung
  • Politische Bildung
  • Werteerziehung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783958292895

Umfang

280 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book